Neukirchen-Vluyn Flüchtlinge singen deutsche Volkslieder

Neukirchen-Vluyn · Aus fünf Syrern besteht die Band "Heimatlos". Sie begeistert unter anderem mit der Ballade von den zwei Königskindern, gibt aber auch Lieder aus der eigenen Heimat zum Besten.

 Deutsche Volkslieder, vorgetragen mit syrischem Akzent, waren im "Kulturzimmer" in Neukirchen-Vluyn zu hören.

Deutsche Volkslieder, vorgetragen mit syrischem Akzent, waren im "Kulturzimmer" in Neukirchen-Vluyn zu hören.

Foto: Klaus Dieker

"Es waren zwei Königskinder..." Die vertonte Ballade von zwei Liebenden, die durch einen tiefen See voneinander getrennt sind und bei dem Versuch, ihn zu durchschwimmen, den Tod finden, gilt vielen als eines der schönsten deutschen Volkslieder. Dass es auch mit einem syrischen Akzent gesungen ganz wunderbar klingen kann, erlebten jetzt die Besucher des seit Mitte Februar diesen Jahres in der Dorfmitte Neukirchen eröffneten "Kulturzimmers".

Dort trat nämlich die aus fünf jungen Syrern bestehende Band "Heimatlos" auf und gab ihr inzwischen zweites After-Work-Konzert. Die Band präsentierte unter anderem die beiden "Königskinder". Kein leichtes Unterfangen für das mit zwei Sängern, einer Gitarre, einem türkischen Saiteninstrument namens Saz und einer Doumbek-Knietrommel besetzte Quintett, denn vier der Bandmitglieder sind erst seit sechs Monaten in Deutschland, sprechen also kaum Deutsch und sind auch musikalisch nur bedingt mit westlichen Balladenklängen vertraut.

Die Idee zu der ungewöhnlichen Darbietung stammt von Frederik Göke. Der in Moers geborene und jetzt in Köln lebende Schauspieler arbeitet zurzeit mit der Band zusammen an einem Theaterstück, das am 15. April im Rahmen des "Meerbecker Kulturfrühlings" erstmals aufgeführt werden soll. Es erzählt die Geschichte von fünf jungen syrischen Flüchtlingen, die während der Bearbeitung ihres Asylantrags im Haus eines hilfsbereiten deutschen Ehepaares Unterschlupf gefunden haben, wobei beide Seiten langsam mit den jeweils anderen kulturellen Gegebenheiten vertraut werden. Das geschieht unter anderem über das Lied von den beiden Königskindern, das dafür von Matthias Bangert eine ganz eigene westlich-arabische Klangmischung erhalten hat. Der international renommierte Bassist und Komponist betreut die Bandmusikalisch.

Mit erstaunlichem Erfolg. So präsentierten die fünf bei ihrem Konzert neben den "Königskindern" auch einen Song der im Libanon sehr populären Sängerin Faena und eine beeindruckende Improvisation eines Flamenco-Pops der "Gipsy Kings". Außerdem begleiteten sie den Saz-Spieler Hüsseyin Kaplan bei einem kleinen musikalischen Gastauftritt.

Der ehemalige Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Neukirchen-Vluyn engagiert sich für interkulturelle Begegnungen zwischen den Religionen und war einer der ersten, die bereit waren, das neue "Kulturzimmer" in der Neukirchener Hochstraße mit Leben zu füllen. "Meine neue Band", freute er sich über die instrumentale und gesangliche Unterstützung der Syrer.

Natürlich brachten die an diesem Abend auch einige Lieder aus der Heimat zu Gehör. Zum Beispiel ein Lied über das Glück, eine liebende Mutter zu haben, oder ein fröhliches Tanzlied, das in Syrien gerne zu Hochzeiten gespielt wird. Vor allem das letzte Lied gefiel den Besuchern so gut, dass sie es sich noch einmal als Zugabe wünschten, wobei sich zwei von den beiden singenden Bandmitgliedern sogar zu einem temperamentvollen Reihentanz animieren ließen.

"Heimatlos" plant, demnächst möglichst jeden Freitag ab 19 Uhr ein kleines After-Work-Konzert im Neukirchen-Vluyner "Kulturzimmer" zu geben. Der Eintritt ist frei.

(lang)
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