Neukirchen-Vluyn Er hat die Jahreszeiten genau im Blick

Neukirchen-Vluyn · Adolf Erwin Krause aus Neukirchen-Vluyn ist seit 40 Jahren ehrenamtlicher Phänologe. Er beobachtet Pflanzen und sendet die Daten an den Deutschen Wetterdienst weiter. Dafür hat er nun den Verdienstorden der BRD erhalten.

Wenn Adolf Erwin Krause früh im Jahr die Blüte der Forsythie bemerkt, dann schickt er eine Meldung an den Deutschen Wetterdienst in Offenbach. Wenn im Sommer die Linden blühen, tut er dasselbe. Und wenn im Frühherbst die Früchte am Holunderstrauch hängen, schickt er ebenfalls eine Meldung.

Krause ist Phänologe, ein Pflanzenbeobachter. Der Neukirchen-Vluyner gehört zu rund 1300 Freiwilligen, die bundesweit ein Auge auf die jahreszeitlichen Entwicklungen in der Natur haben und so wertvolle Daten zur Auswertung zur Verfügung stellen. "So etwas lässt sich maschinell nicht machen."

Krause hat nun für 40 Jahre detaillierte Naturbeobachtung den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland erhalten - gemeinsam mit 14 weiteren Phänologen. Verliehen wurde ihm der Orden durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. "Vor vier Jahren hatte jemand die Idee, man könne die Phänologen, die seit 40 Jahren dabei sind, doch einmal ehren", sagt Krause und lächelt. Gesagt, getan.

Ein Interesse an Pflanzen hat Krause schon von Berufs wegen. Als Lehrer für Biologie und Chemie hat er an der Anne-Frank-Gesamtschule unterrichtet, nun ist der 68-Jährige im Ruhestand. Es fing an im Jahr 1975, damals war Krause noch Student in Bonn, wo er später auch promovierte. In der Zeitung las es, dass Phänologen gesucht würden. Er meldete sich, und seither ist er ohne Unterbrechung mit dabei. "Ich bin ja ohnehin ständig in der Natur." Außer einer kleinen Vergütung für anfallende Kosten ist die Tätigkeit ehrenamtlich.

Wenn er draußen unterwegs ist, beobachtet er sowohl Wild- als auch Kulturpflanzen. Bestimmte Arten gelten bei den Fachleuten als Signalgeber für die Jahreszeiten. "Die Blüte der Forsythien etwa ist der Beginn des Erstfrühlings. Die Blüte der Linden markiert den Hochsommer. Die Früchte des Holunders stehen für den Frühherbst, und so fort. Am Ende entsteht so der "phänologische Kalender", der verrät, wie sich die Jahreszeiten im Laufe der Jahre verändern. Die Daten, die Krause und seine Mitstreiter liefern, haben ganz handfeste Verwendungsmöglichkeiten. Sie sind interessant für Landwirte und für Pollenallergiker. Vor allem aber geben sie ein zuverlässiges Bild von Klimaveränderungen. Und die sind innerhalb der vergangenen vier Jahrzehnte eindeutig gewesen: Das Klima wird wärmer.

Krause zeigt eine Grafik mit einer älteren und einer aktuellen Version des phänologischen Kalenders. "Sie können deutlich sehen, dass die Winter kürzer werden und der Frühling früher eintritt." Mag der Bürger auch subjektiv den Eindruck haben, der Winter sei diesmal besonders frostig und der Frühling lasse viel zu lange auf sich warten - die Daten zeigen einen deutlichen Trend.

Fast jeden Tag ist Adolf Erwin Krause draußen, um sich die üblichen Verdächtigen unter den Pflanzen anzuschauen. "Man hat natürlich bestimmte Standorte, wo man regelmäßig kontrolliert." Falls das Wetter schlecht ist, könne er auch mal ein paar Tage pausieren, sagt er. Und im Winter gebe es natürlich weniger zu beobachten. Seine Aufgabe macht ihm große Freude: "Ich mache das weiter, so lange ich kann."

(s-g)
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