Neukirchen-Vluyn Einzelhandelsgutachten birgt Konfliktstoff

Neukirchen-Vluyn · Mit Spannung wird das neue Einzelhandelsgutachten für Neukirchen-Vluyn erwartet. Unserer Redaktion liegt nun der Entwurf vor. Darin finden sich Berechnungen, die Politik und RAG zum Umdenken bewegen können.

Seit Monaten warten die Politiker und auch die interessierten Geschäftsleute in Neukirchen-Vluyn auf das neue Einzelhandelsgutachten. Nun ist es da - zumindest macht der Entwurf die Runde unter den Fraktionen. Auch der RP liegt das rund 150 Seiten starke Gutachten vor. Und es enthält Empfehlungen, welche der Debatte über Einzelhandelsstandorte eine neue Richtung geben könnten.

Mit Spannung erwartet wird beispielsweise die Meinung der Experten zur Größe des geplanten Marktes auf Niederberg. Die Neubürger möchten gern einen Nahversorger vor der Tür haben. Doch in der Politik, besonders bei den Grünen und CDU, gibt es Sorgen, dass ein großer Markt an der Niederrheinallee, zwischen den Ortskernen von Vluyn und Neukirchen das Geschäft der dortigen Händler beeinträchtigen könnte.

In dem Gutachten haben die Experten berechnet, wie groß ein Markt auf Niederberg werden könnte, wenn man die Einwohnerzahl, Kaufkraft und andere Parameter in die Kalkulation einbezieht. Das Ergebnis: Für eine Lebensmittel-Vollsortimenter wäre eine Verkaufsfläche von 900 Quadratmetern angemessen, für einen Discounter rund 500 Quadratmeter. Doch die Gutachter fügen gleich hinzu, dass diese Werte "deutlich unterhalb" von "realitischen (Mindest)-Verkaufsflächengrößenordnungen" liegen.

Was die Neukirchener möglicherweise wurmen wird, ist die Tatsache, dass die Experten in ihrem Entwurf Vluyn als "Hauptzentrum" der Stadt und Neukirchen als "Nebenzentrum" ausgemacht haben. Auf die hohe Zahl von Leerständen in Neukirchen wird hingewiesen.

Auch den Standort Ernst-Moritz-Arndt-Straße haben die Gutachter untersucht. Dort sind viele Anwohner seit dem Aus für den Edeka-Markt mit der Versorgung unzufrieden (wir berichteten). Im Einzelhandelsgutachten heißt es: "Der jetzige Bestand reicht nicht aus, um ein städtebauliches und versorgungsstrukturelles Gewicht über den Nahbereich hinaus vollumfänglich zu erfüllen. Eine Nutzung des Edeka-Leerstandes sei "notwendig", damit wieder eine zentrale Versorgung der Anwohner möglich sei. Dennoch sieht das Büro aus Dortmund an dieser Stelle den dritten wichtigen Einzelhandelsstandorte der Stadt hinter Vluyn und Neukirchen-Zentrum.

Insgesamt zeigen sich die Fachleute mit dem Angebot des Einzelhandels in der Stadt zufrieden. Leichte Lücken gebe es bei Bekleidung, Schuhen, Lederwaren, Spielwaren, Hobbyartikeln, Elektronik und Multimedia. Zudem beeinträchtigten die Großstädte wie Krefeld, Moers und Duisburg, aber auch das benachbarte Mittelzentrum Kamp-Lintfort, die Bilanz. Immerhin reicht das Einzugsgebiet bis in den Kreis Kleve hinein, also nach Rheurdt und sogar nach Kerken. Auch Kempen im Kreis Viersen zählt noch zum näheren Einzugsgebiet. 18 Prozent der Kundschaft komme aus den Nachbarkommunen.

Bürgermeister Harald Lenßen erklärte auf RP-Anfrage zu dem Gutachten: "Zunächst einmal sollte man nicht vergessen, dass es ein Entwurf ist, bei dem sich einiges noch ändern kann." Allerdings räumt Lenßen ein, dass es nach den Berechnungen der Fachleute für einen Markt auf Niederberg schwer sein wird, einen Anbieter zu finden. "Das wird auch für die RAG Immobilien ein Umdenken bedeuten", meint der Bürgermeister. Was den Bereich Ernst-Moritz-Arndt-Straße betreffe, sei die Versorgungslage zwar gemindert, aber dank des Netto-Marktes immer noch gewährleistet.

(s-g)
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