Neukirchen-Vluyn "Diese Stelle ist wie ein Sechser im Lotto"

Neukirchen-Vluyn · Die Agentur für Arbeit will zum Tag der Menschen mit Behinderung Arbeitgeber ermutigen, Mitarbeiter mit Handicaps einzustellen. Wie gut das funktionieren kann, zeigen zwei Beispiele im Seniorenheim "carpe diem" in Neukirchen.

 Gute Arbeit im Team (v.l.): Hauswirtschaftsleiterin Maria Kaminski, David Truyen, Derya Hammurcu, Küchenleiter Lutz Reuschel

Gute Arbeit im Team (v.l.): Hauswirtschaftsleiterin Maria Kaminski, David Truyen, Derya Hammurcu, Küchenleiter Lutz Reuschel

Foto: Klaus Dieker

Sie fällt nicht gleich auf, die Hörhilfe von Derya Hamurcu. Die 20-Jährige aus Moers würde ohne dieses Gerät so gut wie nichts hören. Eine Tatsache, die ihre Suche nach einer Ausbildungsstelle sehr erschwert hat. Viele Arbeitgeber sortieren Menschen, die ein Handicap haben, gleich aus — Bewerber ohne Behinderung gibt es schließlich genug. Diese Erfahrung hat auch David Truyen gemacht. Sein Problem ist Legasthenie, eine Lese- und Rechtschreibschwäche. "Früher war es schlimmer", erzählt der Moerser. "Inzwischen kann ich einfache Texte lesen." Zum Glück könne er sich auf die Hilfe seiner Eltern verlassen, dennoch seien viele Bewerbungen und Vorstellungsgespräche erfolglos geblieben. "Eine Begründung hat es meist nicht gegeben."

Heute haben sowohl Derya Hamurcu als auch David Truyen eine Stelle. Das Seniorenheim "carpe diem" hat sie eingestellt. Die junge Frau macht eine Ausbildung in der Küche, der junge Mann arbeitet in der Wäscherei. "Für mich ist diese Stelle wie ein Sechser im Lotto", sagt der 25-Jährige. Derya Hamurcu ist froh, dass sie dort in einem überschaubaren Team arbeiten kann. "In einer großen Küche ist es viel schwerer, die Kollegen zu verstehen", sagt sie.

Diese positiven Beispiele veranlassten die Agentur für Arbeit in Wesel, zu einem Pressetermin ins "carpe diem" einzuladen. Anlass war der gestrige internationale Tag der Menschen mit Behinderung.

"Ich habe bis zur Vertragsunterzeichnung nicht gewusst, dass Herr Truyen eine Behinderung hat", sagt der Einrichtungsleiter Markus Kremer. "Wir schauen auf Engagement und Motivation der Mitarbeiter, nicht auf ihr Handicap." Diese Haltung ist allerdings nicht unter allen Arbeitgebern verbreitet, bedauert Peter Glück, der Leiter der Weseler Agentur für Arbeit. Vor allem ältere schwerbehinderte Menschen seien überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen, dieser Trend habe sich seit 2008 leider verstärkt.

Dabei gibt es viele Möglichkeiten, den Berufsalltag zu erleichtern, wie Christian Parnitzke vom Arbeitgeberservice der Agentur erklärt. Menschen mit Behinderung zu vermitteln ist einer seiner Schwerpunkte. "Es gibt Fördermöglichkeiten, von denen viele Arbeitgeber womöglich nichts wissen", stellt er klar "Es gibt hervorragende technische Hilfsmittel." Dafür verfügt die Agentur für Arbeit eigens über einen Fachmann. Fast alle Probleme im Zusammenhang mit der Behinderung könnten gelöst werden. "Wir wollen zeigen, dass mehr geht, als man denkt", resümiert Peter Glück.

Info www.arbeitsagentur.de, www.senioren-park.de/Neukirchen-Vluyn

(RP)
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