Neukirchen-Vluyn Die Tafel bangt um ihre Zukunft

Neukirchen-Vluyn · Seit Monaten sucht der Verein vergeblich nach einem neuen Domizil. Die Lebensmittelausgabe für Bedürftige steht auf dem Spiel.

 Das Bild aus dem Jahr 2014 zeigt die Tafel-Mitarbeiterinnen Manuela Lenz, Djulieta Termikanowa und Raisa Zajtamulowa beim Sortieren von Lebensmitteln.

Das Bild aus dem Jahr 2014 zeigt die Tafel-Mitarbeiterinnen Manuela Lenz, Djulieta Termikanowa und Raisa Zajtamulowa beim Sortieren von Lebensmitteln.

Foto: Klaus Dieker

Seit 2003 versorgt die Tafel Bedürftige in Neukirchen-Vluyn mit Lebensmitteln. 900 Menschen pro Monat kommen in die Räume am Bendschenweg, um sich einzudecken, darunter viele Flüchtlinge. Ob die Tafel diese wichtige Arbeit fortsetzen kann, ist ungewiss. Noch immer hat der Verein keine Räume gefunden, die er ab Oktober nutzen kann.

Bis Ende September, das ist schon seit einigen Monaten klar, muss die Tafel ihr Domizil am Bendschenweg verlassen. Es gehört der evangelischen Gemeinde, die das Gebäude samt Kirche abreißen und das Land für eine Wohnbebauung vermarkten will (wir berichteten).

Die Suche nach Ersatzräumen gestaltet sich schwierig. Die Hoffnung, dass die Stadtverwaltung helfen könnte, wurde bisher enttäuscht. Mehr oder minder offen wird der Stadt vorgeworfen, dass sie sich für den privaten Verein nicht allzu engagiert ins Zeug werfe.

Das treffe allerdings nicht zu, versichert Frank Grusen, Pressesprecher der Stadt. "Wir klopfen verschiedene Dinge ab, aber es gibt keine geeigneten städtischen Immobilien", sagt er. Man versuche allerdings, auch private Immobilien für die Tafel zu finden. "Wir können aber nicht zaubern."

Peter Schmidt, Zweiter Vorsitzender der Tafel, ist ratlos. "Wir hängen vollkommen in der Luft", sagt er. Er bestätigt, dass es auf Vermittlung der Stadt einen Besichtigungstermin in einer ehemaligen Videothek gegeben habe. "Das war die Katastrophe. Allein für die Renovierung der Wände und des Fußbodens hätten wir 12.000 Euro zahlen müssen. Die Elektrik war auch veraltet."

Über so viel Geld für eine Renovierung verfügt die Tafel nicht. Auch die laufenden Kosten für die Ex-Videothek überstiegen ihre Möglichkeiten: "Wir sollten 1400 Euro Miete plus 200 Euro Nebenkosten zahlen."

Die Tafel finanziert sich aus Spenden, von der Stadt erhält sie jährlich 3000 Euro als Betriebskostenzuschuss. Die Räume am Bendschenweg durfte die Tafel mietfrei benutzen. Die Nebenkosten summierten sich auf 4800 Euro. Peter Schmidt schätzt, dass man, wenn's sein müsste, für neue Räume einen Mietzins bis zu 500 Euro entrichten könnte - mehr sei nicht drin. Die Tafel braucht eine Fläche von rund 240 Quadratmetern, sagt Schmidt, die so unterteilt werden kann, dass neben der Ausgabe die begehbaren Kühlzellen Platz finden und ein Aufenthaltsraum für die derzeit 30 ehrenamtlichen Helfen eingerichtet werden kann. Toiletten sollten ebenfalls vorhanden sein.

Die evangelische Gemeinde Neukirchen wehrt Vorwürfe ab, sie mache es sich mit der Kündigung zu leicht. Als die Tafel 2011 an den Bendschenweg gezogen ist, sei allen klar gewesen, dass es sich um eine Übergangslösung handle, sagt Pfarrer Frank Rusch. Die Tafel sei kein kirchlicher, sondern ein freier Verein. Dennoch sehe er die Lebensmittelaufgabe als "diakonische Aufgabe und eine Aufgabe der Stadt". Er selbst stehe in Gesprächen mit der Stadtverwaltung und suche Raum-Alternativen. "Bisher ist aber nichts spruchreif." Rusch stellt in Aussicht, die Tafel am Bendschenweg über den Kündigungstermin hinaus zu dulden, wenn sich bis dahin kein Bauträger für das Grundstück gefunden hat. "Bisher haben wir keinen Interessenten." Die Probleme der Tafel rufen auch die Politik auf den Plan. "Irgendwas müssen wir hinkriegen", sagt Elke Buttkereit (SPD). "Es wäre schade, wenn die Tafel mangels Räumen die Arbeit einstellen muss."

(RP)
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