Neukrichen-Vluyn „Wir müssen das Stadtbild verbessern!“

Neukrichen-Vluyn · 100 Jahre alt und zurück aus den Ferien: Die SPD will deutlich machen, wo die Stadt Nachholbedarf hat. Zum Beispiel bei den Themen Mobilität und Wohnen.

 „Wann wir sitzen Seit’ an Seit’“: In Abwandlung des Arbeiterliedes von Hermann Claudius wollen die Ortsvereinsvorsitzende Elke Buttkereit und ihr Vorgänger Rolf Heber mit der SPD für ein besseres Stadtbild kämpfen, Wohnen bezahlbar halten und Pendler auf die Schiene bringen.

„Wann wir sitzen Seit’ an Seit’“: In Abwandlung des Arbeiterliedes von Hermann Claudius wollen die Ortsvereinsvorsitzende Elke Buttkereit und ihr Vorgänger Rolf Heber mit der SPD für ein besseres Stadtbild kämpfen, Wohnen bezahlbar halten und Pendler auf die Schiene bringen.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Mit einem Sommerfest am Sport- und Freizeitpark Klingerhuf meldet sich der 100 Jahre alte Ortsverein der SPD aus der Sommerpause zurück. Am heutigen Samstag startet auf dem Grillplatz ein umfangreiches Programm. Die Rheinische Post sprach mit der Ortsvereinsvorsitzenden Elke Buttkereit (51) und ihrem Vorgänger Rolf Heber (67) über die Herausforderungen für die Kommunalpolitik und die SPD.

In Neukirchen-Vluyn gibt es wechselnde Mehrheiten und dazu die Last der Haushaltssicherung – wieviel Spaß macht da die Kommunalpolitik?

Buttkereit Es macht immer Spaß, die Stadt voran zu bringen. Denn wir müssen den Zusammenhalt in Neukirchen-Vluyn stärken und das Stadtbild deutlich verbessern. Deshalb hoffen alle Kommunalpolitiker – nicht allein die SPD, dass Neukirchen-Vluyn so rasch wie möglich, spätestens aber 2024 das Joch der Haushaltssicherung abstreifen und wieder komplett eigenständig über Einnahmen und Ausgaben entscheiden kann.

Heber Ehrenamtliche Kommunalpolitiker halten einiges aus und tun mehr, als diejenigen wissen können, die uns oft fragen, warum Entscheidungen manchmal recht lange dauern. Wir haben in Neukirchen-Vluyn halt zur Zeit keine eindeutigen Mehrheitsverhältnisse.

Was sind aus Sicht der SPD die derzeit wichtigsten Themen in Neukirchen-Vluyn?

Buttkereit Die weitere Entwicklung in Niederberg steht, glaube ich, an vorderster Stelle. Hier gilt es, die Stadt attraktiv zu machen für neue Bürger. Das braucht mehr Tempo. Das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ ist daneben eines, das der SPD von je her am Herzen liegt. Hier haben wir wichtige Stopp-Linien in die weitere Stadtplanung eingezogen, diese müssen umgesetzt werden. Die zentrale Sportanlage am Schulzentrum muss zur vollen Funktionalität ausgebaut werden. Und es gilt, die Entwicklung des Dorfes Neukirchen rings um die Hochstraße nun zu einem guten Ende zu bringen, darüber aber andere Viertel nicht zu vernachlässigen.

In der Dickschen Heide sind sehr edel anmutende Siedlungen entstanden. Da zeigt sich der massive Wandel in der Stadt - weg vom Bergbau-Malocher hin zu Vierteln mit sehr hochpreisigem Wohnraum. Wie will die SPD sicherstellen, dass hier auch Menschen mit einem normal großen Geldbeutel leben können?

Heber Wir wollen niemanden gegeneinander ausspielen. Aber: Auch den finanziell nicht so gut gestellten Menschen, den Älteren und weniger Leistungskräftigen, muss es möglich sein, in Neukirchen-Vluyn Wohnungen zu finden, die zu ihnen passen. Am Beispiel des Stillstandes rund um das Vluyner Hochhaus ist zu sehen, dass wir uns dabei nicht allein auf die Privatwirtschaft verlassen können. Hier wollte die SPD, dass die Stadt dieses Hochhaus kauft – ganz einfach um Tempo und Wohn-Konzepte dort bestimmen zu können. Dafür sind wir sehr gescholten worden, einige haben uns „Spekulanten“ genannt. Viele von denen geben uns heute – im Nachhinein – Recht.

Buttkereit Es ist beschlossen, dass bei neuen Bauprojekten ein Anteil an bezahlbarem Wohnraum vorgesehen werden muss. Hier werden wir noch genauer definieren müssen, was „bezahlbarer Wohnraum“ tatsächlich in Euro und Cent ist. Und daneben werden wir uns für Sozialwohnungsbau einsetzen. Ideal ist eine Mischung von allem.

Im Bereich von Niederberg, aber auch den alten Kolonien gibt es Klagen über fehlende Einkaufsmöglichkeiten. Muss sich die Politik vom Festhalten an den Einzelhandelsstandorten Neukirchen und Vluyn lösen, um den Bedürfnissen der Bewohner besser entgegen kommen zu können?

Heber Indem bei den politischen Entscheidungen Schwerpunkte auf Neukirchen und Vluyn gelegt wurden, folgte man einem Expertengutachten. Das hatte einen deutlichen Kaufkraftverlust in den klassischen Ortszentren vorhergesagt, wenn beispielsweise auf Niederberg  ein neuer großer Einkaufsmarkt angesiedelt werden würde. So ist es zu der Auflage gekommen, dass dort maximal ein 800 Quadratmeter großes Einzelhandelsgeschäft entstehen soll. Übrigens gegen die Stimmen der SPD.

Buttkereit Der Nachteil ist nur: In dieser Größe finden sie heute niemanden mehr. Selbst Discounter sind etwa doppelt so groß. Deshalb fragen wir uns, ob diese Festlegung noch zeitgemäß ist – oder ob ein größeres Handelsgeschäft dort nicht auch von Interesse für den Durchgangsverkehr wäre. Da ist aus unserer Sicht nicht das letzte Wort gesprochen.

Frau Buttkereit, ihr Stichwort war eingangs „das Stadtbild deutlich verbessern“ – was genau ist damit gemeint?

Buttkereit Der Umbau der Hochstraße geht in die Schlussrunde. Er war richtig und wir denken, dass sich das Ergebnis sehen lassen kann. Aber nur wenige Straßen weiter sind Situationen entstanden, die uns von der SPD Sorgen bereiten. Als Beispiel nenne ich die Ernst-Moritz-Arndt Straße. Hier muss die Wirtschaftsförderung der Stadt dringend gegensteuern, damit der momentan dort zu beobachtende Verfall nicht noch schlimmer wird. Und auch dort stehen die Räume eines einstigen Supermarktes leer, in den heute niemand mehr hineinwill. Hier muss die Stadtplanung von Neukirchen-Vluyn deutlich agiler und vorausschauender werden. Darauf werden wir als SPD drängen.

Viele der hierhin ziehenden und hier wohnenden Menschen arbeiten in anderen Städten. Sie pendeln, doch Alternativen zum Auto sind rar. Was wollen die Sozialdemokraten für den wichtigen Personennahverkehr auf der Schiene tun – Stichwort „Alte Niederbergtrasse“?

Heber Wir halten natürlich daran fest. Denn wir denken, dass man nicht leichtsinnig die Chance auf einen schienengebundenen Personennahverkehr von Vluyn über Neukirchen in Richtung Moers und weiter nach Duisburg aufgeben sollte. Aber wir brauchen mehr Druck aus Neukirchen-Vluyn, um den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr als zuständigen Verkehrsträger und das NRW-Verkehrsministerium für diese Idee zu begeistern.

Buttkereit Allerdings möchte ich, dass wir zu einer Entscheidung kommen. Wir werden es keinem Wähler erklären können, warum das so unendlich lange dauert. Jetzt unmittelbar nach der Sommerpause möchte ich einen neuen Anlauf dazu nehmen. Wir werden uns zum wiederholten Male intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen und alle Chancen für Neukirchen-Vluyn ausloten. Wenn dann aber Sachprobleme wie die Anbindung in Moers tatsächlich unüberwindlich sind, müssen wir uns von diesem Thema dann auch mal verabschieden und es nicht ins Unendliche fortführen. Das würde niemand verstehen.

Mit welchen Themen zieht die Neukirchen-Vluyner SPD in den Wahlkampf zu den Kommunalwahlen 2020?

Buttkereit Neukirchen-Vluyn soll sich nicht länger als Bindestrich-Stadt verstehen, sondern in Zukunft noch intensiver zusammenwachsen. Gute Ansätze sind da. Die müssen wir stärken. Aus meiner Sicht ist es noch zu früh, sich jetzt auf Wahlkampfthemen für 2020 festzulegen. Das werden wir bis zum Jahreswechsel in den Parteigremien machen und danach ausarbeiten. Ich möchte mit einer starken SPD in diesen Wahlkampf ziehen, die echte, handfeste Alternativen anzubieten hat.

Dirk Neubauer
führte das Interview.

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