Beate Hoven sitzt im Rollstuhl und schießt beim SV Neukirchen 06 „Pistolenschießen ist für mich wie Yoga“

NEUKIRCHEN-VLUYN/DUISBURG · Für Beate Hoven ist das Schießen eine Konzentrationsübung. Sie ist erfolgreich und nahm an Deutschen Meisterschaft teil. Die Rollstuhlfahrerin freut sich, beim Schützenverein SV Neukirchen 06 eine ganz normale Schützin zu sein.

 Beate Hoven (rechts) mit ihrer Freundin Johanna Kämmerer auf dem Schießstand in Neukirchen-Vluyn.

Beate Hoven (rechts) mit ihrer Freundin Johanna Kämmerer auf dem Schießstand in Neukirchen-Vluyn.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Beate Hoven hat eine absolut ruhige Hand, wenn sie mit einer Luftpistole von zehn Metern auf eine Scheibe zielt. „Ich schieße, um innerlich herunterzukommen“, erzählt die 56-jährige Duisburgerin. „Das ist für mich wie Yoga. Das Herunterkommen ist das Schöne daran.“ Vor zehn Jahren entdeckte die Rollstuhlfahrerin, die unterhalb des Bauchnabels gelähmt ist, ihre ruhige Hand und ihr Talent fürs Schießen.

Seit vier Jahren ist sie beim Schützenverein SV Neukirchen 06 aktiv, nahm schon bei Deutschen Meisterschaften für Behinderte teil. „Stöcke, also Laufstöcke, und Rollstühle vertragen sich nicht“, schmunzelt sie. „Deshalb bin ich Schützin geworden.“ Dreimal in der Woche trainiert sie das Luftpistolen- und das Luftgewehrschießen, meistens zusammen mit ihrer Freundin Johanna Kämmerer, um danach an der Theke noch ein Wasser zu trinken und „zu schnabbeln“, wie sie es nennt. „Ich kann auch mal zickig sein“, lacht sie. „Das Vereinsleben macht mir einfach Spaß.“

Dabei liegen Rollstuhlfahrer beim Schießen buchstäblich Steine im Weg, die Steine der Kellertreppen. „Viele Schießanlagen liegen in Kellern“, erzählt die Schützin. „Die Schützenvereine sind noch so reich, nachträglich für viel Geld Aufzüge einzubauen. Manchmal könnten günstig Lifter an den Treppen eingebaut werden. Aber das ist nicht erlaubt, wenn dadurch die Treppe zu schmal wird. Dann würde sie nicht mehr den Brandschutzvorschriften entsprechen. Ich kann mich runtertragen lassen. Das ist mir zu riskant, vor allem für die Träger, wenn etwas passieren sollte.“

Die Schießanlage an der Holtmannstraße in Neukirchen-Vluyn ist ebenerdig. Dort schießt sie zusammen mit Johanna Kämmerer, mit der sie auch in einer Mannschaft im Bezirk schießt, jeden Dienstag- und jeden Freitagabend. Montags zielen die Beiden auf der Anlage im Henri-Guidet-Zentrum in Moers-Kapellen auf die Scheiben, die ebenfalls rollstuhlgerecht ist. Innerhalb des Bezirks Moers, der von Homberg über Moers nach Xanten reicht, kann sie auf diesen Anlagen „vorschießen“, wenn sie die anderen Anlagen nicht ebenerdig erreichen kann. Bei auswärtigen Turnieren und Meisterschaften ist das schwieriger, zu denen sie meistens mit zusammen mit ihrem Lebensgefährten Frank Kanders fährt. „Ich rufe vorher an, ob die Anlage für Rollstuhlfahrer erreichbar ist“, erzählt die Mitarbeiterin und Schwerbehindertenbeauftragte des Real-Marktes an der Buscher Straße in Duisburg-Großenbaum. „Wenn nicht, fahren wir gar nicht erst hin.“

Bevor sie schießt, fährt sie den Sitz ihres Rollstuhls mit einer speziellen Mechanik auf 1,08 Meter hoch. „Das ist Thekenhöhe“, schmunzelt sie. An der Theke verbringt sie auch die „dritte Halbzeit“, während sie ihren Rollstuhl auf Thekenhöhe, also 1,08 Meter, eingestellt hat. Dort trinkt sie zwischen den anderen Vereinsmitgliedern, zum Beispiel Vorsitzenden Peter Wenz oder Sportwart Wolfgang Nitschke, allerdings kein frisch gezapftes Pils oder anderen Alkohol. „Ich kann auch mit Wasser lustig sein“, freut sie sich über die gelebte Vereinsgemeinschaft.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort