Neukirchen-Vluyn Der Abrissbagger holt die Friedenskirche
Neukirchen-Vluyn · Das Auto wird langsam und hält. Der Fahrer schaut auf die zur Hälfte bereits in Schutt und Asche liegende Friedenskirche. Einen kurzen Moment später fährt er weiter. Auch viele Anwohner bleiben stehen: Nach 57 Jahren wird die ehemalige Friedenskirche abgerissen. Voraussichtlich am Montag soll der Kirchturm fallen. Von den zehn Einfamilienhäusern, die auf dem Grundstück gebaut werden sollen, ist eins bereits verkauft, ein weiteres reserviert.
"Dafür, dass wir erst gut zwei Wochen lang verkaufen, ist dies ein guter Start", sagt Hans Becker vom Bauträger Becker-Haus. Dort, wo einstmals Kinder getauft, Jugendliche konfirmiert, Erwachsene verheiratet wurden, sollen demnächst Familien leben. Ohne Keller - aber besonders energieeffizient gemäß dem KW 55 Standard, sagt der Immobilienexperte Becker. Er blickt in die Zukunft.
Bei vielen, die den Gang zur gegenüberliegenden Sparkassen-Filiale mit einem letzten Blick auf die 2016 entwidmete evangelische Kirche verbinden, macht sich im letzten Moment doch Wehmut breit. "Irgendwie gehörte die Kirche hier dazu", sagt einer leise. 2005 hatte ein Initiativkreis mit einem Spendkreis das Ende der Kirche noch einmal um zehn Jahre hinausschieben können. Letztlich verhindern konnte der Einsatz der Gläubigen den Abriss nicht. Auf Dauer konnte sich die evangelische Kirchengemeinde angesichts konstanter Zahl an Kirchenaustritten keine drei Standorte leisten. Da die Johanneskirche in Rayen und die Dorfkirche in Neukirchen unter Denkmalschutz stehen, stand der 1960er-Jahre-Bau am Bendschenweg zur Disposition.
Wo früher gebetet wurde, rumpelt jetzt der Abrissbagger, splittern Holzleisten und fällt das Mauerwerk in sich zusammen. Auf den stetig wachsenden Schuttberg, so ist pragmatische Plan der Bauarbeiter, wird der Abrissbagger fahren, um voraussichtlich ab Montag Stück für Stück mit der Stahlkralle den Kirchturm abzunagen. Bis dahin werden noch einige Abschied nehmen - von der Friedenskirche.
