Neukirchen-Vluyn Bürger reden mit Lenßen über ihre Sorgen

Neukirchen-Vluyn · Der Bürgermeister stellte sich gestern zur Marktzeit auf den Hindenburgplatz. Passanten konnten ihre Fragen und Anliegen loswerden.

Es muss wohl am Wetter liegen - grauer Himmel, stürmisch -, dass der Markt auf dem Hindenburgplatz an diesem Vormittag nur eine überschaubare Zahl von Menschen anzieht. Es ist 10 Uhr, ein Mann mit Anzug und Krawatte trägt einen kleinen Stehtisch auf den Platz. Ein Aufsteller vervollständigt das Bild: "Bürgermeistersprechstunde mit Harald Lenßen". Zwischen Obst- und Gemüseständen sucht der CDU-Politiker das Gespräch mit Bürgern. Rund eine Stunde lang lauscht er ihren Fragen, Beschwerden oder Anregungen.

Lenßen muss nicht lange warten. Jürgen Voss nähert sich dem Stehtisch. Er möchte wissen, wie es mit dem Dorfmarketing in Neukirchen weitergeht. "Vor allem die älteren Menschen vermissen den Kaisers-Markt, uns interessiert, wann der neue Edeka in Neukirchen öffnen wird." Manche Marktbesucher steuern den Bürgermeister gezielt an, andere grüßen im Vorbeigehen, kommen ins Gespräch, äußern dann ein Anliegen. Lenßen macht sich Notizen. Üblicherweise lädt er in regelmäßigen Abständen zu Sprechstunden ins Rathaus ein. "Aber die Frequenz hat nachgelassen", sagt er. "Früher kamen im Schnitt drei Bürger, jetzt vielleicht noch einer. Das bedeutet entweder, dass alles in Ordnung ist oder dass Leute Schwellenangst haben."

Ein älteres Ehepaar tritt an den Tisch. Ihr Thema: mangelnde Sauberkeit im öffentlichen Raum. "Besonders in den Kolonien sind die Wege oft verschmutzt", sagt der 79-jährige Ehemann, der seinen Namen ungern in der Zeitung sehen möchte. "Da müsste sich doch die Genossenschaft drum kümmern, oder?" Werner Preukschat spricht den Bürgermeister auf die hohen Müllgebühren an. Denn die zählen laut aktuellen Zahlen des Bundes der Steuerzahler zu den höchsten in NRW. "Warum müssen wir für den Asdonkshof zahlen?", fragt Preukschat. Nach dem Gespräch wiegt er skeptisch den Kopf. Nun kennt er die Vorgeschichte, die geltenden Verträge. Zufriedener wirkt er nicht.

Harald Lenßen steht zurzeit im Wahlkampf gegen seinen SPD-Herausforderer Jochen Gottke. Ist diese öffentliche Bürgersprechstunde etwa ein Werben um Wähler? Nein, versichert Lenßen. Tatsächlich gibt es auf dem Tisch keine CDU-Kugelschreiber, keine Aufkleber, keine Wahl-Flyer. "Es ist ja nicht die erste öffentliche Sprechstunde, die ich anbiete", betont er.

Der Ton der Gespräche ist zivil. Pöbelnde Wutbürger tauchen heute nicht auf. Doch die hat Lenßen auch schon erlebt. "Diese Leute laufen vorbei und rufen einem irgendwas zu, was mit der Bundespolitik zu tun hat, zum Beispiel ,Ihr mit eurer blöden Maut!'. Aber wenn man dann sagt ,Lassen Sie uns reden', dann gehen sie rasch weiter. Dafür haben sie kein Interesse."

Fünf Termine dieser Art hat Harald Lenßen für die nächsten Monate geplant, jeweils an einem anderen Ort im Stadtgebiet.

(RP)
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