Mutmaßlicher Dealer vor Gericht Akten fehlen: Strafkammer bricht Verhandlung ab

Moers/Neukirchen-Vluyn · Morgens wurde der Angeklagte noch in Handschellen in den Saal 106 des Moerser Amtsgerichts geführt.

 Hölzerner Hammer auf der Richterbank. Foto: dpa

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Foto: dpa/Uli Deck

Schallende Ohrfeige für die Polizei und die Staatsanwaltschaft Kleve: Weil Akten trotz mehrfacher Mahnung der Verteidigung nicht vorlagen, musste eine Strafkammer des Landgerichts Kleve am Mittwoch die Hauptverhandlung gegen einen mutmaßlichen Drogenhändler abbrechen. Morgens wurde der Angeklagte noch in Handschellen in den Saal 106 des Moerser Amtsgerichts, Außenstelle des Landgerichts Kleve geführt. Kaum zwei Stunden später wurde der Haftbefehl gegen den Mann gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Er muss sich zwei Mal pro Woche bei der Polizei melden, verließ aber das Moerser Gerichtsgebäude zu Fuß.

Alexander Sch. (43) ist Deutsch-Russe und lebt in Neukirchen-Vluyn. Ihm legte die Staatsanwaltschaft bewaffneten Handel mit Betäubungsmittel zur Last. Laut der Anklage soll der Angeklagte in der Zeit von Februar 2018 bis August 2018 regelmäßig größere Mengen Heroin von einem niederländischen Dealer erworben und anschließend weiterverkauft haben. In den Vernehmungen und auch in der Hauptverhandlung schwieg der Angeklagte zu diesen Vorwürfen.

Auf die Spur des Mannes war die Polizei gekommen, weil sie einen Ring mutmaßlicher niederländischer Drogenhändler beobachtete. Dazu gehörte eine Telefonüberwachung. Der im Gericht verlesene Strafregister-Auszug von Sch. weist über zwei Jahrzehnte wiederholte Verurteilungen wegen diverser Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz aus. Hinzu kamen Strafen wegen Körperverletzung und des illegalen Besitzes von Munition.

Nachdem die Beamten meinten, sechs Vergehen von Sch. dokumentiert zu haben, folgten die Festnahme und die Durchsuchung seiner Wohnräume als Punkte sieben und acht auf der Liste der Anklage. Die Krux: Das Verfahren wurde von dem gegen den niederländischen Drogenring abgetrennt. Die beiden Rechtsanwälte von Sch. bemängelten, dass Audio-Dateien und Protokolle der Telefonüberwachung nicht vorlagen. Es habe sich lediglich eine Zusammenfassung durch Ermittlungsbeamte gefunden. Zudem geht es um die Zusammensetzung der bei Sch. gefundenen Substanzen. Handelte es sich um hochreines Heroin oder um sogenannte Streckmittel? Nun sollen die fehlenden Akten beigebracht und eine neue Hauptverhandlung gegen Sch. angesetzt werden.

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