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Neukirchen-Vluyn/Moers 43 Jahre mit ganzem Herzen Hebamme

Neukirchen-Vluyn/Moers · Petra Onasch-Szerman hört Ende April als Leitende Hebamme am Bethanien-Krankenhaus auf. Rund 8000 Babys hat die Neukirchen-Vluynerin auf die Welt geholfen. Künftig will sie nur noch freiberuflich tätig sein.

 Petra Onasch-Szerman mit der kleinen Serra. Längst betreut die Hebamme auch Mütter, denen sie einst auf die Welt geholfen hat. Und manche der vielen Frauen, die sie betreut hat, sind enge Freundinnen geworden.

Petra Onasch-Szerman mit der kleinen Serra. Längst betreut die Hebamme auch Mütter, denen sie einst auf die Welt geholfen hat. Und manche der vielen Frauen, die sie betreut hat, sind enge Freundinnen geworden.

Foto: KLaus Dieker

Wie viele Babys sie auf die Welt geholfen hat? Die Frage hört Petra Onasch-Szerman überhaupt nicht gern. Hebamme sein, das erschöpfe sich nicht in der reinen Geburtshilfe. "Es geht auch um die Frauen, die wir betreuen." Es geht um ein Rundum-Paket, zu dem unter anderem auch Eltern-Infoabende, Geburtsvorbereitungskurse, Schwangerschaftberatung und die Wochenbettbetreuung gehören. Die Zahl der Babys hat sie dann aber doch parat: "So um die 8000 müssen es gewesen sein."

Seit 43 Jahren ist die Neukirchen-Vluynerin im Beruf, seit 40 Jahren Leitende Hebamme am Bethanien-Krankenhaus in Moers. Jetzt will sie kürzer treten und nur noch freiberuflich tätig sein. Ende April übergibt sie deshalb die Leitung an Ursula Kamp und damit in gute Hände. Die Nachfolgerin ist seit 25 Jahren am Bethanien tätig. "Sie hat schon als Praktikantin bei mir angefangen."

Hebamme - der Berufswunsch habe eigentlich immer für sie festgestanden, sagt Petra Onasch-Szerman. Vielleicht seien die Schilderungen ihrer eigenen Geburt durch ihre Mutter Grund dafür gewesen. "Ich bin Weihnachten geboren, meine Mutter erzählte immer von einer dramatischen Geburt und davon, wie ihr die Hebamme geholfen hat." Mit 17 trat Petra Onasch ein Praktikum am Bethanien an, es folgte die Hebammenschule in Paderborn, dann Berufsstationen am Bethanien und in Bonn. In Moers muss die junge Frau schon damals nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben. Mit 23 bekam sie in Bonn telefonisch das Angebot, Leitende Hebamme am Bethanien zu werden. Sie nahm an, fühlte sich in ihrer neuen Position zunächst aber nicht wohl. "Ich hatte den Eindruck, dass keiner auf mich hört und wollte weg." Aber die Eltern hätten sie gedrängt: "Halte durch!"

Zum Glück. Denn die Beliebtheit der Geburtsklinik am Bethanien hat auch mit Petra Onasch-Szermann und ihrem Team von 16 Hebammen sowie bis zu sechs Schülerinnen zu tun. "Sie ist eine richtige Leiterin, hat das Herz auf dem rechten Fleck und zieht die Mitarbeiterinnen mit", lobt Dirk Ruder, Pressesprecher des Krankenhauses. Petra Onasch-Szerman ist eine temperamentvolle niederrheinische Frohnatur. "Zum Glück hab' ich den Charakter meiner Mutter und nicht den meines ostpreußischen Vaters geerbt", sagt sie selbst. Sie liebt die Musik, singt seit vielen Jahren im Chor "Barbershop Blend" und übernimmt die Moderation der Auftritte auf der Bühne. Und in den "Funktionsbereich" Kreißsaal bringt sie Lachen, Leben und menschliche Wärme.

Zu lachen gebe es aber auch wirklich viel, findet die Kreißsaal-Chefin, die selbst Mutter einer erwachsenen Tochter ist. "Ein TV-Team würde hier jeden Tag etwas zu drehen finden." Anekdoten gefällig? Bitte: Da war der "Vater", dem sie nach einer überstürzten Geburt herzlich gratulierte und der perplex erwiderte: "Ich bin doch nur der Taxifahrer." Oder das Ehepaar, dem sie freudestrahlend den frisch geborenen Stammhalter entgegenhielt, und für das eine Welt zusammenbrach: "Es sollte doch ein Mädchen werden . . ." Zum Glück viel seltener als die lustigen Erlebnisse sind die traurigen, tragischen Momente im Berufsleben einer Hebamme - wenn Eltern ihr Baby vor der Geburt oder kurz danach verlieren. Für Betroffene hat Petra Onasch-Szerman vor Jahren die Selbsthilfegruppe "Leere Gruppe" mitgegründet, die ihr nach wie vor am Herzen liegt.

Die 63-Jährige war stets auch berufspolitisch tätig und setzte sich für die Belange ihrer Kolleginnen ein. Sie war Vorsitzende im Berufsverband deutscher Hebammen und Leiterin der Hebammenzentrale Niederrhein, die es leider nicht mehr gebe. "Aus dem Krankenhaus entlassene junge Mütter suchen händeringend nach Hebammen." Sieben, acht Tage seien Frauen nach einer Geburt früher im Krankenhaus umsorgt worden. "Wenn heute jemand am Freitag Mutter wird und man will sie am Montag auf dem Zimmer besuchen, dann ist sie schon weg." Die Zahl der Geburtskliniken schwinde, die Belastung der Hebammen steige. 1300 Babys kommen jährlich im Bethanien zur Welt. "Früher waren es 800." Auch die finanziellen Rahmenbedingungen für freiberuflich tätige Hebammen, die sich teuer versichern müssen, sieht sie kritisch.

Würde sie selbst unter diesen Bedingungen heute erneut Hebamme werden? "Ich würde Archäologin werden wollen, das hat mich schon immer interessiert", sagt Petra Onasch-Szerman und lacht. "Und dann würde ich denken: Oh, Hebamme, das wäre vielleicht auch nicht schlecht für mich."

(RP)
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