Neukirchen-Vluyn 100 Jahre plackern auf dem Pütt - so war's

Neukirchen-Vluyn · Der Bergbau in Neukirchen-Vluyn - das ist Heimatgeschichte, Tradition und Kultur. Über den Alltag auf und an der Zeche gibt es jetzt eine 150-seitige Dokumentation.

 Feierabend in der Alten Kolonie: Das Leben mit und vom Bergbau in Neukirchen-Vluyn ist jetzt auf 150 Seiten dokumentiert worden. Parallel gibt es derzeit die Ausstellung im Rathaus von Paul Gerhardt.

Feierabend in der Alten Kolonie: Das Leben mit und vom Bergbau in Neukirchen-Vluyn ist jetzt auf 150 Seiten dokumentiert worden. Parallel gibt es derzeit die Ausstellung im Rathaus von Paul Gerhardt.

Foto: Dokumentation

Um einen wesentlichen Beitrag reicher in Sachen Heimatgeschichte, Tradition und Kultur der Bergleute ist Neukirchen-Vluyn. 100 Jahre "Alte Kolonie", so der Titel der Dokumentation, einer Publikation von NV Auf geht's. Sie spiegelt den Alltag in der Kolonie wider. Die Idee entstand beim Sommerfest im vergangenen Jahr auf dem Weddingenplatz zum 100-jährigen Bestehen, "um ein Stück Geschichte der Menschen, aber auch der Zeche zu bewahren", sagt dazu Klaus Wallenstein.

 Die Autoren Jürgen Gratz und Krista Horbrügger und Herausgeber Klaus Wallenstein trugen das Material über die Alte Kolonie zusammen.

Die Autoren Jürgen Gratz und Krista Horbrügger und Herausgeber Klaus Wallenstein trugen das Material über die Alte Kolonie zusammen.

Foto: Klaus Dieker

Eine "kleinere" Broschüre" schwebte dem Autorenteam Jürgen Gratz, Krista Horbrügger und Jana Weißflog mit Herausgeber Wallenstein vor. Doch angesichts der Fülle des Materials wie Fotos, begleitende Chronik, Geschichte(n) und Interviews entwickelte sich ein Buchprojekt, "das zugleich Menschen verewigt", so Gratz. Rund 150 Seiten machen die Alte Kolonie als Lebensmittelpunkt und den Pütt als Arbeitsort erlebbar.

Bergleute auf Niederberg kamen aus allen Himmelsrichtungen. "Es gibt kaum eine Familie, die nicht auf der Zeche gearbeitet hat", so Wallenstein über den sicheren Arbeitsplatz vor Ort. "Wer auf Entdeckungstour gehen will, wird auch stumme Zeugen entdecken wie die Fördertürme, das Denkmal des ehernen Bergmanns oder die Seilscheibe am Rathaus." Quellen wie "75 Jahre Niederberg" von Helmut Berndt, die Dokumentation von Andreas Storz oder der Atlas mit Straßennamen von Erwin Büsching lieferten zusätzlichen Stoff. 17 Straßennamen erinnern an die Zeche. Eine Ära, die von Baustilen, Haustypen, Nutzgärten, Vereinen, Kleintierhaltung und gelebter Solidarität und Gemeinschaft geprägt ist. Professor. Dr. Roland Günter betont die Bedeutung der Alten Kolonie und sieht darin den Ursprung einer bewussten Städteplanung.

Krista Horbrügger bereichert das Buch mit Interviews. Zeitzeugen "standen dem Projekt aufgeschlossen gegenüber. Sie haben darauf gewartet, endlich etwas erzählen zu können", sagt sie. Themen wie Zwangsarbeiter auf der Zeche, Erholung im Klingerhuf oder Zeitzeugen zum Lebensalltag sind wie Mosaiksteine, die die Kolonie als Epoche der Ruhrgebiets-Geschichte begreifbar machen.

Wallenstein: "Nicht funktioniert hat die Idee, vor Ort ein Museum zu gründen." Ereignisse der jüngeren Zeit auf Niederrhein haben einen Zehn-Jahres-Rhythmus, sagt Wallenstein. 1986 machte der PCB-Einsatz im Bergbau Schlagzeilen. Die Aufdeckung sorgte von Niederberg aus für ein generelles Verbot. 1996 folgte der Kampf gegen die Stilllegung, 2006 sorgte der Giftwall für Aufregung. Die Deponierung von kontaminiertem Boden direkt an den Gärten der Alten Kolonie konnte verhindert werden. 2016 dann die Enthüllungen zu PCB und Giftstoffen unter Tage, die ins Trinkwasser gelangen können.

Beim Sommerfest, Samstag, 30. Juni, werden die ersten Exemplare der Dokumentation verkauft und gehen dann in den Handel.

(RP)
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