Nettetal Zukunft der "Englischen Post" ungewiss

Nettetal · Ingo Friebe möchte das historische Gebäude an der Leuther Straße 2 nach den Auflagen des Denkmalsschutzes "wieder beleben". Ein neues Gutachten allerdings stellt die Erfolgsaussichten infrage.

 Am Nordeingang von Kaldenkirchen prägte über Jahrzehnte die "Englische Post" mit der Werbung an der Giebelwand die Leuther Straße. Das denkmalgeschützte Gebäude ist marode und bereitet seinem Besitzer Probleme.

Am Nordeingang von Kaldenkirchen prägte über Jahrzehnte die "Englische Post" mit der Werbung an der Giebelwand die Leuther Straße. Das denkmalgeschützte Gebäude ist marode und bereitet seinem Besitzer Probleme.

Foto: Burghardt

Es herrschte einst reges Treiben: Päckchen und Pakete sortieren, verteilen, verfrachten. Dann ab nach England damit: Nicht von ungefähr heißt das Haus an der Leuther Straße 2 bis heute "Englische Post". Der Name überm Eingang erinnert bis heute an Zeiten, in denen Kaldenkirchen eine bedeutende Grenzstadt war. Doch steht das historische Gebäude lange schon leer. Es wirkt arg heruntergekommen. Das soll sich ändern, wenn's nach dem heutigen Besitzer Ingo Friebe geht. Er möchte es "restaurieren und mit Wohnungen herrichten." Doch das Vorhaben steht auf der Kippe.

"Wenn solch ein bedeutendes Gebäude wieder belebt wäre, das würde mir gefallen", meint Friebe, der die Immobilie vor rund einem Jahr erwarb. Zwar hatten wohl auch die Vorbesitzer Pläne mit dem Gebäude auf dem 1600 Quadratmetern großen Grundstück. Doch erst Friebe wurde aktiv: "Ich habe schon investiert, das Gestrüpp entfernen und containerweise Schutt abfahren lassen." Dabei muss sich der Kaldenkirchener an strenge Auflagen halten: "Hier kann keiner machen, was er will. Die Englische Post steht unter Denkmalschutz."

Das Haus aus dem 19. Jahrhundert ist in die Liste der schützenswerten Baudenkmäler im Rheinland eingetragen: "An der Erhaltung und Nutzung besteht", so formulierte der Kaldenkirchener Historiker Leo Peters, "aus wissenschaftlichen, hier orts- bzw. wirtschaftsgeschichtlichen Gründen, ein öffentliches Interesse." So diente das Haus als "Grenzausgangspostanstalt für Pakete von und nach England", so Peters. Die Spedition C.A. Niessen, deren Name am bahnseitigen Giebel verblasst, hatte hier ihren Sitz. Sie war seit 1880 führend im Postverkehr mit England. "Hier drinnen ahnt man was von der Geschichte", meint Friebe durchaus stolz, als er durch seinen Besitz führt.

Hölzerne Balken über riesigen Räumen, mächtige Giebeltüren, eine knarrende Treppe mit gedrechselten Geländern muten an wie Kulissen für einen Historienfilm. Aber hier ist alles echt und original: "Ich habe alte Dokumente gefunden und der Denkmalbehörde übergeben", erzählt Friebe. Beim Rundgang fallen im Dachstuhl weitere Papiere auf, die aus Ritzen im Holzgebälk lugen. Es ist ein gut lesbares Schreiben an die Spedition Niessen von 1898 mit dem Auftrag, eine Kiste nach London "zu expedieren". Laut Professor Peters sind "solche Dokumente wohl auch fürs Kreisarchiv interessant".

Das Bauwerk selbst weist auffällige architektonische Merkmale auf. Fachleute verweisen auf den "traufständigen Putzbau" und die "Lisenenrahmung". Malereien an den Seiten außen, Treppengestaltung und Türen im Innern sind für Denkmalschützer erhaltenswerte Besonderheiten. All das muss Friebe erhalten und in Abstimmung mit der Denkmalbehörde restaurieren lassen, wenn er seinen Plan umsetzt, "Räume für Wohngemeinschaften von Studenten" einzurichten - die Englische Post als Studentenwohnheim mit 500 Quadratmetern Wohnfläche.

Dem Nettetaler Bauamt liegt bereits "ein Entwurf, allerdings noch kein Bauantrag" vor, heißt es dazu im Rathaus. Doch Friebe ist mittlerweile unsicher, ob er tatsächlich einen Antrag einreicht: "Ein Gutachter hat den Echten Hausschwamm im Gebäude festgestellt." Diesen Pilz zu bekämpfen, könne für ihn "vielleicht doch zu aufwendig sein", zumal "einige Experten die Erfolgsaussichten skeptisch beurteilen". So wolle er seine Pläne "erst mal überdenken".

Dem Amt für Denkmalpflege ist das neue Gutachten "noch nicht bekannt", wie Sabine Cornelius auf Anfrage erklärt: "Aber gegen den Hausschwamm gibt es mittlerweile gute Methoden", fügt sie hinzu. Feststehe freilich, dass "die Englische Post als Denkmal erhalten werden muss".

(jobu)
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