Nettetal Wölese denken über sich nach

Nettetal · Der klassische Sitzungskarneval stößt im ganzen Rheinland an Grenzen. TV-Übertragungen und ständige Comedy-Berieselung machen es Narren schwer. Die Wölese arbeiten daher an einem neuen Konzept.

 Schon im Jahr 1934 feierten die "Wölese" ausgelassen Karneval. Wie es nun mit dem Karneval in Breyell weitergehen soll, darüber wird gerade nachgedacht.

Schon im Jahr 1934 feierten die "Wölese" ausgelassen Karneval. Wie es nun mit dem Karneval in Breyell weitergehen soll, darüber wird gerade nachgedacht.

Foto: KN

Die "Wölese", Spielschar in der Breyeller Kolpingsfamilie, feiern in zwei Jahren ihr 111-jähriges Bestehen. Ausgerechnet jetzt ist der Verein in eine Sinnkrise geraten. Die Mitglieder haben sich nach ihrer turnusgemäßen Hauptversammlung vertagt, um darüber nachzudenken, wie sie künftig Karneval feiern möchten. Nur eines ist ganz sicher: "Es wird auch weiterhin Karneval mit den Wölesen in Breyell geben", verspricht Paul Lienen, in Personalunion Vorsitzender und Sitzungspräsident.

Vor 17 Jahren bauten die Wölese erstmals ein Zelt am Quellensee auf, um dort in eigener Regie Karnevalsveranstaltungen aufzuziehen. Die anfängliche Kritik ("Ihr holt den Karneval aus Breyell heraus") legte sich schnell, die Wölese-Sitzungen im "beheizbaren Alu-Zelt" wurden zum Markenzeichen eines besonders heimatverbundenen, mit eigenen Kräften gestalteten und ideenreichen Veranstaltungsreigens. Im Laufe der Jahre kamen Tanzabende hinzu, zuletzt schalteten die "Wölese" auch noch eine "Oldie Night" mit Ex-Stars der 1960er-Jahre ein.

Karneval hat sich gewandelt

Das erfordert ein hohes Maß an Bereitschaft, viel Freizeit zu opfern und vor allem dann diszipliniert für Rahmenbedingungen zu sorgen, wenn die anderen — eben die Gäste — ausgelassen feiern. Doch hat der Karneval sich gewandelt. Das ältere Publikum, das die klassische Sitzung mit Lokalkolorit in Büttenreden, Tanz- und Gesangsdarbietungen liebt, gibt es so nicht mehr. Anderenorts ersetzen Revue-ähnliche Saalveranstaltungen den Büttenabend. Aber auch hier ist der Erfolg eher mäßig. "Selbst in Köln und Düsseldorf mussten Sitzungen abgesagt werden, oder sie fanden vor bei Weitem nicht gefüllten Sälen statt", hat Paul Lienen bei Streifzügen im Rheinland festgestellt.

Der Vorstand hat die Mitglieder gebeten, bis zur nächsten Sitzung Mitte des Monats einmal in sich zu gehen und über ein neues, tragfähiges Konzept nachzudenken. Das Gerücht, die Wölese gäben den Karneval ganz auf, entbehre aber jeder Grundlage. "Wir machen selbstverständlich weiter, sind aber auf der Suche nach einem Rahmen, der den Möglichkeiten unserer Mitglieder entspricht und der inhaltlich unseren Fans und Freunden den Karneval gibt, den sie mit uns feiern wollen", sagt Lienen.

Ein Fingerzeig war in diesem Jahr eine inhaltliche Anpassung. Die Wölese haben etwas weniger gesungen und dafür wieder mehr Büttenreden auf die Bühne gebracht. Es machten auch einige frische junge Kräfte mit. "Das ist richtig gut abgekommen, die Leute wollen schon Büttenreden hören. Sie müssen aber gut sein", hat Lienen festgestellt.

Ob der allgemeine Besucherrückgang des Sitzungskarnevals gestoppt oder wieder umgekehrt werden kann, steht in den Sternen. Fest steht aber auch, dass der Wahlspruch der Altvorderen seine Gültigkeit behalten soll: "Es gibt nichts Schöneres im Leben, als anderen Menschen Freude zu geben."

(RP/rl)
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