Nettetal Wo sich Indianer einkleiden lassen

Nettetal · Elisabeth Szillat schneidert historische Kostüme und Gewänder für Rollenspiele. Bald zieht sie um

 Elisabeth Szillat schneidert historische Kostüme - vom Wikinger über den Indianer bis hin zum Rokoko.

Elisabeth Szillat schneidert historische Kostüme - vom Wikinger über den Indianer bis hin zum Rokoko.

Foto: jobu

Der Indianer lässt grüßen, der Wikinger auch, und der vornehme Herr im verspielten Rokoko-Gewand ebenfalls: "Denen habe ich die Kostüme geschneidert", erzählt Elisabeth Sizllat und zeigt einige Fotos, auf denen Herrschaften in historischer Kleidung posieren. Solche Gewänder herzustellen, gehört zu den Spezialitäten der Schneiderin. Ihr Atelier hat sie an der Steyler Straße in Kaldenkirchen nahe der Grenze. Aber nicht mehr lange.

Inmitten von Stoffballen und Garnrollen, Nähmaschinen und Scheren sitzt die freundliche Dame in ihrem fröhlich gemusterten Kleid, das sie "selbstverständlich" selbst genäht hat. An den Wänden hängen Bilder von historischen Kostümen. "Wenn ich sowas schneidere, muss ich mich vorher sachkundig machen, recherchieren, dann soll auch alles stilecht und korrekt sein", erklärt sie. Nähen und Schneidern sei Handwerk, ja Arbeit. Als Künstlerin sehe sie sich nicht, winkt sie bescheiden ab.

Dabei sind die Kostüme, die Szillat kreiert, wahrlich kunstvoll. Das wissen so manche zu schätzen, die Wert auf stilechte Kleidung legen. Etwa der Touristenführer im historischen Gewand. Oder der Karnevalsstar, der als Putzfrau auf der Bühne die Jecken zum Lachen bringt: Annette Eßer, besser bekannt als Achnes Kasulke, lässt ihr Bühnen-Outfit von Szillat "schneidern und nach der Session auf Vordermann bringen". Und dann sind da natürlich die Indianer-Fans, auf deren Pow Wow genannten Treffs die Kaldenkirchenerin regelmäßig zu Gast ist. Nicht anders bei den Wikinger-Fans: "Ich gehöre schon irgendwie zur Szene", schmunzelt Szillat.

Während sie erzählt, kommt eine Kundin, um ihr geändertes Kleid abzuholen und mit der Schneiderin zu plaudern. Szillat sagt hinterher: "Die meisten Kunden kenne ich mit Namen, solche Kontakte sind mir wichtig." Schließlich sei sie in erster Linie Schneiderin für Jedermann, die nicht nur Kleidung für besondere Anlässe näht, sondern auch ganz einfach eine zu enge Hose ändert. Deshalb ist sie auch wieder beim Kaldenkirchener Frühlingsfest mit einem Stand vertreten: "Ich freu' mich schon auf die vielen Gespräche, ich bin gern unter Menschen."

Kontakte und Nähe sind auch der Grund für ihren bald anstehenden Umzug: "Am 1. Juni eröffne ich mein Atelier neu an der Kehrstraße 35, wo vorher das Modegeschäft You2 war." Die City-Lage sei günstiger, "auch für meine Nähkurse, ob für Kinder oder Erwachsene". Szillat erklärt: "Ich habe mir gesagt, wenn ich noch mal was Neues wagen will, dann jetzt oder nie, schließlich bin ich 69 Jahre alt."

Doch auch an die Kehrstraße werden dann weiter Kunden mit Spezialwünschen kommen, Artisten etwa, die hautenge dehnbare Kostüme brauchen. Oder vielleicht ein Striptease-Tänzer: "Ach, diese Geschichte, die werd' ich wohl nicht mehr los", meint Szillat und grinst. Denn immer wieder mal muss sie erzählen, wie ein Stripper bei ihr einen maßgeschneiderten Tanga mit Klettverschluss in Auftrag gab, das fertige Stück mitten im Laden anprobierte und erst falsch herum anzog. Also wieder runter damit - und dann richtig herum an.

(jobu)
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