Nettetal Wieder Zank um Reinigung

Nettetal · Einmal mehr ist Kritik an der Vergabepraxis bei der Reinigung städtischer Gebäude laut geworden. Der Chef einer Nettetaler Gebäudereinigungsfirma wirft der Stadt handwerkliche Fehler und arrogantes Verhalten vor.

Die Reinigung städtischer Gebäude in Nettetal wirbelt weiter mächtig Staub auf. Nicht zum ersten Mal wurde jetzt Kritik an der Vergabepraxis der Stadt laut. Der Absender diesmal: Werner Ludwigs. Er ist Chef der mit rund 160 Mitarbeitern größten Gebäudereinigungsfirma in Nettetal. Ein Treffen des im vergangenen Jahr neu gegründeten Netzwerks "Wirtschaft Nettetal" nutzte er jetzt für einen Angriff auf Bürgermeister Christian Wagner.

Das Verhalten der Verwaltung bei der Ausschreibung der Reinigung städtischer Gebäude bezeichnete Ludwigs als "fürchterlich arrogant", sie sei dazu auch noch "beratungsresistent" gewesen. Er sehe ein Missverhältnis zwischen der in Wagners "Sonntagsreden" beschworenen Förderung der Nettetaler Wirtschaft und dem realen Verhalten. "Das ist für mich nicht Nettetaler Wirtschaftspolitik."

Europaweit mit Berater

Auslöser der Kritik ist die Ausschreibung der Reinigung städtischer Gebäude, zu der sich die Stadt im vergangenen Jahr auf Geheiß der Gemeindeprüfer entschlossen hatte. Die Ausschreibung fand europaweit statt, auf Rat eines in der Branche tätigen Beraters wurden alle Arbeiten zusammengefasst. "Das diente nur dazu, den Preis zu drücken", findet Ludwigs.

Außerdem fielen auf diese Weise viele kleinere Firmen durch das Raster, die das Gesamtpaket (siehe Info-Kasten) nicht hätten stemmen können. Genau das kritisierte vor einem Jahr bereits die Refa-Fachorganisation Gebäudereinigung. Die Gebäudereinigung sei zwar europaweit, aber geschlossen und nicht im offenen Wettbewerb ausgeschrieben gewesen, urteilte die Branchenorganisation damals.

Von 40 Bewerbern blieben letztlich sieben übrig. Den Zuschlag erhielt die Oberhausener Firma Gewa. Werner Ludwigs habe nach Aussage von Bürgermeister Christian Wagner einen Formfehler bei der Bewerbung begangen und zudem keine Erfahrung im Reinigen von Schulen nachweisen können.

Der Vertrag mit der Gewa ist inzwischen gekündigt. Die Klagen über schmutzige Räume häuften sich. Für Ludwigs keine Überraschung. "Die Stadt wollte bei gleicher Reinigungsleistung deutlich sparen. Das kann nicht funktionieren", sagt der Unternehmer, der seit 28 Jahren in Nettetal ansässig ist. Den Reinfall mit der Gewa wertet er dennoch nicht als Genugtuung. "Ich bin auch nicht beleidigt, dass ich den Auftrag nicht bekommen habe, auch die europaweite Ausschreibung stört mich nicht", sagt er. Die Stadt hätte sich nur viel Ärger und letztlich auch Geld ersparen können. "Bald wird zum dritten Mal ausgeschrieben. Das belastet auch die Unternehmen", sagt er.

Während sich die Stadt darauf stützt, mit dem Ausschreibeverfahren rechtlich und inhaltlich einwandfrei vorgegangen zu sein, spricht Ludwigs von handwerklichen Fehlern. "Die Bewerber wurden willkürlich und ohne Sachverstand bewertet, um sie aus nicht nachvollziehbaren Gründen auszusieben", sagt er.

Klagen vermeiden

Bürgermeister Christian Wagner sieht die Angelegenheit gelassener. "Wir sind natürlich bemüht, sofern es rechtlich möglich und auch kostengünstig ist, Nettetaler Firmen bei unseren Ausschreibungen zu berücksichtigen", sagt er. Gleichzeitig aber muss die Stadt verhindern, bei deutlicher Bevorzugung lokaler Anbieter eine Schadensersatzklage in Millionenhöhe von Wettbewebern zu riskieren. Das hatte Ende 2007 bereits zu einem Verfahren vor der Vergabekammer geführt. Die dadurch entstandenen Verzögerungen trugen auch zum Desaster mit der Gewa bei, die sich nicht ausreichend gut auf die neue Aufgabe in Nettetal vorbereiten konnte. KOMMENTAR

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort