Nettetal Wie Kinder mit dem Tod umgehen

Nettetal · Dem Tod ganz nah kommen die Kinder der DRK-Inkita beim Besuch des Friedhofs in Kaldenkirchen mit dem Bestatterpaar Helgers. Das Projekt "Abschied nehmen" beleuchtet Trennungssituationen.

 Sie gehen unbefangen mit dem Thema "Tod" um, doch am Grab eines Kindes auf dem Kaldenkirchener Friedhof sind die Mädchen und Jungen der DRK-Inkita ganz still.

Sie gehen unbefangen mit dem Thema "Tod" um, doch am Grab eines Kindes auf dem Kaldenkirchener Friedhof sind die Mädchen und Jungen der DRK-Inkita ganz still.

Foto: Joachim Burghardt

Noch plappern sie wild drauflos, hüpfen, necken sich. Dann werden sie ruhiger. Und still. Ganz still. Ehrfürchtig beinahe. Manche Kinder beugen sich vor, andere gehen in die Hocke. Alle schauen auf den kleinen Engel und das Herz auf dem Kindergrab. Werfen ab und zu verstohlene Blicke auf ein Kind in ihrer Mitte. Alle wissen: Sein totes Geschwisterkind liegt da. Behutsam erzählt Dagmar Karwath den betroffenen Kleinen, was die Symbole auf dem Grab bedeuten.

"Einige Kinder waren schon öfter auf dem Friedhof, manche aber noch nie", erklärt die Leiterin der integrativen Kindertagesstätte (Inkita) des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) an der Severusstraße. Anlass für den Besuch der Kinder auf dem Kaldenkirchener Friedhof: "Das gehört zu unserem Projekt 'Abschied nehmen', in dem es um Trennungssituationen geht, die Kinder erleben können oder schon erlebt haben." Beispiele seien Scheidung der Eltern, Umzug oder eben der Tod eines lieben Mitmenschen.

Kapelle und Reihengräber, Totenhalle und Urnengräber sind Fixpunkte beim Rundgang auf dem Friedhof. Mit dabei: Kerstin und Hanno Helgers vom Bestattungshaus Hauser. "Der Sarg kommt so tief in die Erde, dass da gar keine Würmer hinkommen", schildert der Bestatter den Fünf- und Sechsjährigen. "Und die Maulwürfe?", will ein Mädchen wissen. "Maulwürfe haben keine Chance bei dem dicken Holz", meint Hanno Helgers ganz ruhig. "Ganz winzige Lebewesen machen sich dann ans Werk."

Mit einfachen Worten erläutert Kerstin Helgers den Kindern, wie Mikroorganismen eine Leiche zersetzen. "Dann ist da nur noch ein Skelett", ruft ein Junge. Ein anderer weiß, dass die "Seele längst im Himmel" ist. Auch die Vorstellung gläubiger Menschen vom Leben nach dem Tod kommt beim Projekt zur Sprache. "Kinder gehen ganz unbefangen an das Thema heran", hat Kerstin Helgers erfahren. Das bringe auch sie zum Nachdenken: "Wir müssen unsere eigene Einstellung neu hinterfragen, um sie kleinen Kindern einfach erklären zu können." Schon bei einem ähnlichen Projekt des evangelischen Kindergartens Löwenzahn in Lobberich waren die Helgers' dabei. Manch ein Kind hat bereits einen Todesfall in der Familie erlebt. Johannes zum Beispiel: "Das Grab von meinem Opa ist auch hier", sagt er. Wenn er mit Mama und Oma auf den Friedhof gehe, dürfe er eine Kerze anzünden: "Und dann weinen wir ein bisschen."

Tränen fließen beim Rundgang der 19 Kinder auf dem Friedhof nicht. Am Kindergrab jedoch, da sieht man manch ein Mädchen, manch einen Jungen schlucken. So unvoreingenommen, wie sie über Tod und Sterben reden, so ergriffen sind sie, wenn sie die Traurigkeit des betroffenen Kindes aus ihrer Mitte spüren. Bestatter und Erzieher halten sich dezent zurück. Dagmar Karwath, erfahren als Trauerbegleiterin für Kinder, liest leise vor, was auf dem beschrifteten Herz auf dem Kindergrab steht, Worte von Frieden und Lieben. Ein Junge streichelt über den weißen Engel, ein Mädchen drückt das Kuscheltier "Tränchen" an sich. Erst auf dem Rückweg fangen die Kinder allmählich wieder an zu plappern. FRAGE DES TAGES

(RP)
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