Nettetal Wie Familien etwas richtig unternehmen

Nettetal · Ein literarisch angehauchtes Wirtschaftsgespräch im Spiegelzelt auf dem Breyeller Lambertimarkt beschäftigte sich mit Zukunftsstrategien für Familienunternehmen. Es waren auch Besucher aus der Stadt Venlo anwesend.

Die Firma Suthor in Lobberich befindet sich seit Generationen in Familienhand. Sie spricht – etwa beim Tag der offenen Betriebe – gezielt die Jugend an, um Nachwuchskräfte zu gewinnen.

Die Firma Suthor in Lobberich befindet sich seit Generationen in Familienhand. Sie spricht – etwa beim Tag der offenen Betriebe – gezielt die Jugend an, um Nachwuchskräfte zu gewinnen.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Ehe die Berliner Schauspielerin Katharina Thalbach mit Texten von Joachim Ringelnatz und Kurz Tucholsky die 10. Nettetaler Literaturtage eröffnete, kam einen Tag zuvor im Spiegelzelt auf dem Lambertimarkt der Breyellere Autor Arnold Küsters zur Wort. Aus seinem Krimi "Mord am Lambertiturm" zitierte Bürgermeister Christian Wagner eine Passage, die gleich zum Ort des Geschehens führte. Doch wurde niemand gemeuchelt; es ging vielmehr um Überlebensstrategien für Familienunternehmen in den nächsten Jahren, die der Regensburger Professor Dr. Arnold Weissmann sehr kurzweilig unter dem Stichwort "Agenda 2020 – was die besten Familienunternehmen morgen können müssen" aufzeigte.

Der Professor ist kein Kathedermensch, sondern steht mitten im Familienunternehmerleben. Schon während seines Betriebswirtschaftsstudiums lernte er den Unterschied zwischen Kaufmann und Diplom-Kaufmann kennen. Als 21-Jähriger musste er im elterlichen Unternehmen (Heizungsbau, Mineralölhandel) für den erkrankten Vater einspringen. Er erlernte Marktwirtschaft zehn Jahre lang "an der Front". Seine Erfahrungen bildeten die Basis für die anschließende akademische Laufbahn, die auch wieder mit praktischer Tätigkeit in der eigenen Unternehmensberatung verknüpft war. So verband Weissmann seine Fahrt an den Niederrhein mit einem Besuch bei seinem Kunden Torsten Toeller in Krefeld; eine von dessen "Fressnapf"-Filialen gibt es in Kaldenkirchen.

Seinen Zuhörern aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) muss es angenehm in den Ohren geklungen haben, als Weissmann seine Empfehlungen nicht aus Lehrbüchern, sondern aus dem "gesunden Menschenverstand" herleitete und die Biologie als Kronzeigen beschwor: Es überlebt der, der sich am besten den sich stetig ändernden Rahmenverhältnissen anpasse. Deshalb müsse die "gesteigerte Überlebensfähigkeit" das Ziel eines guten Unternehmens sein.

Der Marketing-Professor hat nichts gegen Geldverdienen. Er riet, sich langfristig "die Schaffung zufriedener Kunden" zum Ziel zu setzen. Dann stelle sich der wirtschaftliche Erfolg von selbst ein. "Wachstum entsteht dort, wo Sie Probleme der Kunden lösen." Wie die großen müssten sich kleine Unternehmen auf die digitale Welt einstellen. Dies erfordere ein großes Umdenken. Vor allem müsse sich der Handel auf das durch das Internet veränderte Verbraucherverhalten einstellen.

Weissmann sprach das häufig verdrängte Nachfolgeproblem an. "Eine Familie in Frieden ist für das Unternehmen ein Glücksfall", sagte der 58-Jährige. Er selbst habe die beiden ältesten Söhne schon am Unternehmen beteiligt. Der ehemalige BMW-Boss Bernd Pischetsrieder habe ihn mal gefragt: "Was ist, wenn Ihnen morgen ein Ziegelstein auf den Kopf fällt?" Vorsorge sei in Familienunternehmen vom ersten Tage an wichtig.

Angesichts der sinkenden Bevölkerungszahlen seien fachkundige Mitarbeiter noch wichtiger: "Sie müssen deshalb attraktiv sein", mahnte er. Generell riet er: "Seien Sie stolz auf Ihre Vergangenheit, aber erfinden Sie sich immer wieder neu." FRAGE DES TAGES

(mme)
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