Nettetal Wasserwerke sehen Fracking kritisch

Nettetal · Die Kommunale Partner Wasser GmbH lehnt die Pläne zur Schiefergasförderung ab. Der Verbund der Wasserwerke in Kempen, Nettetal und Grefrath befürchtet negative Auswirkungen aufs Grundwasser.

 In den USA wird die Erdgasförderung mit der hierzulande umstrittenen Methode des Frackings schon seit einigen Jahren betrieben. Das Foto zeigt eine Anlage im Südwesten des US-Bundesstaates Pennsylvania.

In den USA wird die Erdgasförderung mit der hierzulande umstrittenen Methode des Frackings schon seit einigen Jahren betrieben. Das Foto zeigt eine Anlage im Südwesten des US-Bundesstaates Pennsylvania.

Foto: Herrmann

Das Thema Fracking beherrschte vor Wochen bereits die Schlagzeilen. Land auf, Land ab war die Empörung groß, als Pläne aus den Niederlanden bekannt wurden, Schiefergas mit der umstrittenen Methode des Frackings (Hydraulic Fractioning) auch in weiten Teilen des deutsch-niederländischen Grenzraums zu gewinnen. Die Diskussionen in den politischen Gremien wurden zum Teil sehr emotional geführt. Dabei waren sich die Politiker aller Parteien am Niederrhein in ihrer strikten Ablehnung der niederländischen Pläne einig. Der Viersener Kreistag beschloss eine Resolution, mit der das geplante Fracking jenseits der Grenze abgelehnt wurde. Der Stellungnahme der Kreispolitiker schlossen sich die Stadt- und Gemeinderäte der Kommunen im Kreis Viersen auf breiter Front an. Auch die Wasserversorger in der Region schickten ablehnende Stellungnahmen in die Niederlanden.

In ihrer ablehnenden Haltung sind sich auch die Geschäftsführer der Kommunalen Partner Wasser GmbH (KPW), Siegfried Ferling (Stadtwerke Kempen), Norbert Dieling (Stadtwerke Nettetal) und Erik Ix (Gemeindewerke Grefrath), einig. Die Chancen und Risiken der Schiefergasförderung seien noch viel zu wenig erforscht, sagen sie.

Die KPW-Geschäftsführer schließen sich der Forderung nach einem bundesweiten Verbot von Fracking an. Experten fürchten eine Verunreinigung des Grundwassers durch die zum Einsatz kommenden Chemikalien. Ein ausreichender Schutz der Trinkwasserressourcen könne angesichts der vielen Unwägbarkeiten bei der Fracking-Methode nicht gewährleistet werden, so die KPW. Auch die Langzeitauswirkungen der Bohrungen seien noch nicht erforscht. Der regionale Wasserwerksverbund hatte sich für seine ablehnende Stellungnahme den Sachverstand der Fachfirma Ahu AG - Wasser, Boden Geomatik ins gemeinsame Haus geholt. Das Aachener Unternehmen hatte bereits die Stellungnahme des Viersener Kreistags mit vorbereitet und an Studien zum Thema Fracking mitgewirkt.

Dr. H. Georg Meiners, Vorstandsmitglied der Ahu AG, erklärt, dass von den 69 untersuchten, enthaltenen Chemikalien, die derzeit beim Fracking beispielsweise in den USA zum Einsatz kommen, 31 hochgiftig, neun krebserregend und zwei genverändernd wirken können. Andere Stoffe wurden ebenfalls als gefährlich eingestuft oder konnten gar nicht erst identifiziert werden. Und obwohl die Chemikalien beim Fracking nur in geringen Mengen eingesetzt würden, könnten sie sich auf Grund der verwendeten Gesamtmengen vermutlich zu einem Gesamtvolumen im Bereich mehrerer Tonnen summieren, so der Experte bei einem Pressegespräch bei den Stadtwerken Kempen.

Grundsätzlich wird auch die aktuelle Notwendigkeit des Frackings für Deutschland oder die Niederlande in Zweifel gezogen. Die herkömmlichen Gasvorkommen seien ausreichend, auch wenn Russland derzeit einen Lieferstopp verfügt habe, so der Nettetaler Stadtwerke-Chef Dieling. Er verweist auf Alternativen, etwa den Gas-Import aus dem Nahen Osten. "Wir brauchen daher sobald kein Erdgas, das mittels Fracking gefördert wird", betont Dieling. Fracking könne als Fördermethode immer noch zu einem späteren Zeitpunkt zum Einsatz kommen, wenn es besser erforscht sei.

"Die Risiken müssen beherrschbar sein, vorher werden wir dem Fracking nicht zustimmen", sagt der Technikchef der Stadtwerke Kempen, Siegfried Ferling. Es sei unnötig, aus reiner Profitgier mit dem Fracking zu beginnen, ohne momentane Informationsdefizite vorher genau untersucht zu haben.

Die Niederländer überarbeiten momentan ihre Fracking-Pläne unter Berücksichtigung auch der vielen Einwendungen von deutscher Seite. Im kommenden Frühjahr sollen die modifizierten Pläne erneut in die öffentliche Auslegung kommen. Dann werden auch die deutschen Kommunen, Versorgungsunternehmen, Verbände und Institutionen sowie andere Interessenten erneut Gelegenheit zur Einsicht und Stellungnahme haben.

Die Ahu AG erhofft sich eine Zusammenarbeit mit den deutschen Umweltbehörden wegen des Grenzgebiets mit Deutschland. Ein Vorschlag ist, für den deutsch-niederländischen Grenzraum ein Ausschlussgebiet einzurichten. In einem Abstand von 500 bis 1000 Meter sollte dann auf niederländischer Seite nicht gebohrt werden dürfen, meint Experte Meiners.

Für Flächen im Kreis Viersen gibt es derzeit weder einen Antrag zum Bohren noch eine Genehmigung dazu. Es gibt nur so genannte Aufsuchungserlaubnisse. Diese bedeuten keine generelle Berechtigung zur unkonventionellen Gasförderung. Sie dienen den Unternehmen zunächst nur als Konkurrenzschutz. Die so genannten Claims sind also abgesteckt.

Den größten Bereich im Kreis Viersen hat die Wintershall Holding GmbH belegt. Die Felder tragen die Bezeichnungen "Rheinland" und "Ruhr". "Rheinland" bedeckt nahezu das gesamte Kreisgebiet, ein Zipfel von "Ruhr" reicht bis in den Nordosten von Kempen nach Tönisberg. Zuständig für die Erteilung der Aufsuchungserlaubnis ist die Bezirksregierung in Arnsberg als Aufsichtsbehörde des Bergbaus.

(RP)
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