Nettetal Wasser soll kein Luxusgut werden

Nettetal · Die Stadtwerke Nettetal sehen die EU-Pläne zur Ausschreibung der Wasserversorgung sehr kritisch.

Die EU-Kommission denkt darüber nach, das Vergaberecht für Dienstleistungskonzessionen zu verschärfen und europaweit einheitliche Regelungen zu schaffen. Danach müssten Kommunen künftig den Betrieb der Wasserversorgung ausschreiben. Damit wäre der Markt der Wasserversorgung offen. Betroffen wären in Deutschland wohl rund 800 Stadtwerke, die ihre Leistungen europaweit ausschreiben müssten — wenn die Richtlinie so käme, wie sie der Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments beschlossen hatte. Über die Richtlinie soll im Herbst entschieden werden.

Viele kommunale Unternehmen, darunter auch die Stadtwerke Nettetal, sehen diese Überlegungen kritisch. Schon wurde in Deutschland diskutiert, ob eine mögliche Privatisierung der Wasserversorgung nicht zu höheren Preisen führen würde — und ob man den Kommunen nicht die Freiheit lassen sollte, die Wasserversorgung entweder über eigene Stadtwerke sicherzustellen oder diese an Dritte zu vergeben.

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier ruderte Anfang März zurück und erklärte: "Ich bin bereit, einen neuen Vorschlag mitzutragen, der den Sorgen vieler Stadtwerke entgegen käme: Wenn mindestens 80 Prozent der Aktivitäten der Stadtwerke im Wassersektor öffentlich bleiben, das heißt, für die Kommune und ihre Bürger durchgeführt werden, und eine getrennte Buchführung für den Wassersektor besteht, wäre die Richtlinie nach diesem neuen Vorschlag auf sie nicht anwendbar." Dennoch halte er die Entwicklung für sehr bedenklich, sagt der Geschäftsführer der Nettetaler Stadtwerke, Norbert Dieling: "Man öffnet den Markt für die Multis. Die Wasserreserven werden knapper, und irgendwann wird Wasser teurer als Öl." Er warnt: "Wasser lässt sich nicht durch etwas anderes ersetzen, Wasser ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Es gehört nicht in die Hände von Spekulanten." Er könne sich nicht erklären, woher dieser Vorstoß der EU-Kommission plötzlich komme, schließlich habe sich die Versorgung in Deutschland durch kommunale Unternehmen bewährt.

Eine Privatisierung der Wasserversorgung geht nicht automatisch mit mehr Wettbewerb und niedrigeren Preisen einher, wie man das etwa vom Strom her kennt. In Berlin waren die Wasserbetriebe 1999 teilprivatisiert worden, rund die Hälfte der Anteile wurden an RWE und den französischen Konzert Veolia verkauft. Die RWE-Anteile kaufte Berlin inzwischen zurück. Die Proteste aus der Bevölkerung waren massiv gewesen. Bürger hatten nicht nur mangelnde Transparenz kritisiert, sondern auch die seit der Teilprivatisierung gestiegenen Wasserpreise. Den Stadtwerken Nettetal bleibt nun nichts anderes übrig, als abzuwarten, wie die weitere Planung der EU-Kommission aussieht. Durch die Aussage Barniers, kommunale Stadtwerke von der Regelung auszunehmen, könne man derzeit davon ausgehen, dass man in Nettetal nicht betroffen sein werde. Gegenüber den "Wasser-Spekulanten" dürfte der Bürger mit einem städtischen Unternehmen auch sicherer fahren. Dieling: "Wir haben als Stadtwerk eine soziale Verpflichtung. Ich habe noch nie erlebt, dass wir einem Haushalt die Wasserversorgung abgedreht hätten, weil die Leute nicht zahlen konnten."

FRAGE DES TAGES

(RP/ac)
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