Nettetal „Was ist mir die Stadt wert?“

Nettetal · Die Technische Beigeordnete Susanne Fritzsche leitet ihr Dezernat sei hundert Tagen. Gemeinsam mit ihren Mitarbeitern will sie mehr Qualität zum Leben und Arbeiten in der Stadt entwickeln und umsetzen.

Susanne Fritzsche ist in Nettetal angekommen. Seit hundert Tagen leitet sie das Technische Dezernat im Rathaus – und ist mit dem täglichen Kleinkrieg ihrer Position vertraut. Gestern suchte sie schon am frühen Morgen vergeblich nach Informationen auf übergeordneter Ebene, wie niederländisches Planungsrecht umgesetzt wird. „Schade“, sagt sie, „ich fürchte, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit eher zäher wird.“

Die unmittelbaren Kontakte Nettetals mit Venlo genießt sie allerdings. Vergangene Woche erlebte sie erstmals eine gemeinsame Sitzung der Planungsausschüsse – und war angetan. Es kristallisierten sich wichtige Gemeinsamkeiten heraus, die in Zukunft beide Städte beschäftigen werden.

In Nettetal selbst hat die Technische Beigeordnete erfahren, dass fast 40 Jahre nach der Neugliederung jeder der sechs Stadtteile sein Eigenleben führt. „Jeder Stadtteil hat seine Funktion, aber nicht alle können jede Funktion ausfüllen“, sagt sie diplomatisch. Begeistert haben sie die Landschaft mit den Seen rund um Krickenbeck und der naturbelassene Stadtpark rund ums Windmühlenbruch. Lobberich sei um diese Lage zu beneiden. Sie will ohnehin den Tourismus mit einem Blick über den Nettetaler Tellerrand hinaus stärker fördern.

Engagierte Bürger

Beeindruckt hat die Beigeordnete das Interesse der Bürger an ihrer Stadt. „Zu Bürgerversammlungen kommen erstaunlich viele, die bereitwillig mitdiskutieren“, sagt sie. Eine gewisse „Dynamik“ hat sie in der Bürgerschaft auch in Diskussionen um die überfällige Aufwertung des Lobbericher Stadtkerns erfahren. Dem Stadtteil widmet sie derzeit besonders viel Aufmerksamkeit, weil er seine Anziehungskraft als Einkaufsort zu verlieren droht. Die geringere Termindichte in den Ferien will Susanne Fritzsche nutzen, um mit den Ortsvorstehern die Stadtteile genauer zu besichtigen.

An Nettetal ist vieles anders als in Kempen. Die Vielpoligkeit und Entfernungen zwischen den Stadtteilen verhindern, dass sie „mal eben mit dem Fahrrad“ Dinge erledigen kann. Erstaunt hat sie die enorme Arbeitsverdichtung in ihrem personell stark ausgedünnten Dezernat. Ihren Mitarbeitern zollt sie Respekt für Fachwissen und Arbeitseinsatz. Dieses Pfund will die Technische Beigeordnete aber mehr nutzen und weniger Aufgaben extern erledigen lassen. „Die Leute engagieren sich und kennen den Ort. Ich will sie in Entwicklungs- und Denkprozesse unmittelbarer einbinden.“ Weil das Geld fehlt, will sie Prioritäten setzen und weniger gleichzeitig auf (zu) vielen Baustellen arbeiten. Ihr gehe es um die nachhaltige Entwicklung der Gesamtstadt: „Es ist eine Frage der Qualität. Wie gehe ich mit meiner Stadt um? Was ist sie mir wert?“ Billiglösungen seien jedenfalls nicht immer preiswert.

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(RP)
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