Viersen VVD muss in Venlo mit Verlust rechnen

Viersen · Die Niederländer wählen heute die Gemeinderäte neu. Im von Skandalen heimgesuchten Roermond soll versucht worden sein, Stimmen zu erkaufen. In Venlo klagen Bürger über eine zu stark auf das Zentrum ausgerichtete Politik.

 Das geht in einer funktionierenden Demokratie offensichtlich auch: Alle neun Parteien in Venlo stehen auf einem gemeinsamen Wahlplakat, wie hier in Tegelen in der Nähe des Freilichttheaters "de Doolhof".

Das geht in einer funktionierenden Demokratie offensichtlich auch: Alle neun Parteien in Venlo stehen auf einem gemeinsamen Wahlplakat, wie hier in Tegelen in der Nähe des Freilichttheaters "de Doolhof".

Foto: Busch

In mehr als 400 Städten und Gemeinden in den Niederlanden und ihren überseeischen Gebieten wählen die Bürger heute ihre Ratsvertretungen neu. Ursprünglich war der 5. März dafür ausgewählt worden, bis die Verantwortlichen einen Blick auf den Kalender warfen: Aschermittwoch. Das Risiko wollten sie dann doch nicht eingehen.

Traditionell wählen die Niederländer werktags und nicht an Sonntagen. Der Wahlbeteiligung tut das keinen Abbruch, erhöht sie aber auch nicht. "Wir fürchten, dass diesmal weniger als 50 Prozent der wahlberechtigten Bürger von ihrem Recht Gebrauch machen", meint John Verstraelen, für Venlo zuständiger Redakteur der Tageszeitung "Dagblad de Limburger". Eine Prognose wagen die Journalisten nicht. Es hat in Venlo eine Reihe von Veranstaltungen mit den Spitzenkandidaten der neun antretenden Parteien gegeben. Aber der Wahlausgang lasse sich kaum vorhersagen.

Bei der vergangenen Wahl im Jahr 2010 hatte die rechtsliberale VVD in Limburg ungewöhnlich gut abgeschnitten. In Venlo eroberte sie seinerzeit zwölf von 39 Sitzen und wurde so die stärkste Fraktion. Das Ergebnis wird sie voraussichtlich nicht wiederholen können. Die Unzufriedenheit hat zwei Ursachen. Landesweit gibt es wachsende Kritik an der von Premierminister Rutte geführten Koalition mit den Sozialdemokraten der PvdA. Ein Beispiel dafür lieferte sie mit der Steuererhöhung auf Treibstoffen, die die Preise an den Tankstellen auch für Dieselkraftstoff hochtrieb. In der gesamten Grenzregion beklagen Betreiber von Tankstellen hohe Einbußen.

In Venlo selbst agiert die VVD zwar selbstbewusst, aber auch recht glücklos. Sie koaliert in der Stadt mit PvdA und dem Christdemokratischen Appell (CDA). Die stark wirtschaftsliberale Ausrichtung habe der Stadt nachhaltig nicht viel eingebracht, behaupten Kritiker. In Diskussionen, das bestätigt auch John Verstraelen, sei die Konzentration auf die Förderung und Entwicklung der Innenstadt häufig kritisiert worden. In den seit 2001 hinzugekommenen Stadtteilen Tegelen, Velden oder Belfeld gibt es viele Leerstände. Die allgemeine Versorgung der Bevölkerung sei dort erheblich zurückgegangen. Dauerbrenner in vielen Diskussionen ist auch die Gestaltung und Belebung der Innenstadt von Blerick. Der CDA, der im einst traditionell katholisch geprägten Limburg zuletzt starke Verluste hatte hinnehmen müssen, hat seinen Wahlkampf stark gegen den Koalitionspartner ausgerichtet. Viele Aussagen richten sich frontal gegen die VVD, deren Versprechungen, Venlos Zukunft als wirtschaftsstarke Stadt zu formen, ausgeblieben seien.

In Venlo bewerben sich heute neun Parteien um Sitze im Stadtrat: VVD, PvdA, CDA, Lokale Democraten, linksliberale D66, die linksorientierte SP, Groen-Links, VenLokaal und erstmals die Partei Groot Venlo. Vermutet wird, dass vier Parteien sich in einer Koalition zusammenfinden müssen, um eine Mehrheit im Stadtrat zu bilden. Nicht zur Wahl steht, anders als in Nordrhein-Westfalen, der Bürgermeister. Er wird nicht direkt gewählt. Eine kurze Diskussion darüber, dies zu ändern, ist schon vor einigen Wochen versickert. Bürgermeister Antoin Scholten ließ übrigens keinen Zweifel daran, dass er eine Direktwahl ablehnt.

Mit Spannung erwartet wird der Ausgang der Wahl in Roermond. Dort erschüttert die Affäre um den ehemaligen Parlamentsabgeordneten Jos van Reij seit Monaten das politische Klima. Van Reij, der als Beigeordneter nach schwerwiegenden Vorwürfen und Hausdurchsuchungen zurücktreten musste, hat eine eigene Partei gegründet. Der kommissarische Bürgermeister Peter Cammaert (CDA) musste außerdem in der vergangenen Woche darauf hinweisen, dass Parteien wohl Stimmen erkauft haben. Anfangs gab es nur Gerüchte darüber, die sich aber später verdichteten. Bürger seien von Einzelpersonen oder Parteien direkt angesprochen worden, ihnen ihren Stimmausweis zu überlassen. Nach einer Untersuchung des Vorgangs blieb Cammaert bei der Entscheidung, am heutigen Tag wählen zu lassen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort