Nettetal Vom Rösten zum Brechen und Hecheln
Nettetal · Im vergangenen Jahr wurde in Lobberich Flachs angebaut, der in Boisheim auf die Röste kam.
Im Textilmuseum "Die Scheune" erzählte der Textil-Ingenieur Walter Tillmann jetzt interessierten Zuhörern über die frühere Verarbeitung vom Flachs zu Leinen. Hintergrund dieses Vortrags war die Anpflanzung und Ernte des Flachses im vergangenen Jahr auf dem Naturschutzhof im Sassenfeld sowie die anschließende Röstung in Boisheim.
Tillmann berichtete, dass der Flachs schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch eine geringe wirtschaftliche Bedeutung in Deutschland hatte. In seiner Ausbildung zum Textil-Ingenieur wurden die Pflanze und ihre Verarbeitung bereits nicht mehr gelehrt. Doch der Flachsanbau und seine Verarbeitung haben für die Geschichte des Niederrheins eine ganz besondere Bedeutung. Wie mühsam die Verarbeitung war, zeigt der alte Spruch "Durch 72 Hände geht der Flachs, bevor er als Hemd getragen werden kann". Tillmann berichtete gewohnt detailreich und unterhaltsam über die Aussaat und die Ernte des Flachses auf dem Naturschutzhof des Nabu in Lobberich. An Mustern führte er anschließend die weiteren Verarbeitungsschritte vor. Die beim Riffeln und Pritschen freigelegten Samenkörner, aus denen beispielsweise das hochwertige Leinöl hergestellt wurde, konnten die etwa 15 Besucher probieren.
Die vergangenes Jahr auf dem Naturschutzhof geernteten Stängel wurden anschließend in alten Röstkuhlen, die seinerzeit gerade in Boisheim freigelegt worden waren, "geröstet". Das heißt, die Haftung zwischen Fasern und Holz verringert sich in den Röstgruben. So lassen sich die Fasern leichter ablösen. Detailliert ging Tillmann auch die weiteren Verarbeitungsschritte wie Brechen, Schwingen und Hecheln mit Vorführungen durch. Zum Abschluss zeigte er die Verarbeitung der Fasern zu Garnen bis zur Verwendung im Webstuhl. Eine immer wieder interessante Vorführung, auch für Sachkundige. Jeder erfährt bei den Präsentationen neue Details aus unserer Geschichte.