Nettetal Vom Ball an die Pfeife

Nettetal · Julia Schröder ist für Rhenania Hinsbeck als Schiedsrichterin im Einsatz. Die 18 Jahre alte Schülerin muss sich auf dem Platz vor allem bei Herrenmannschaften immer wieder behaupten.

 Julia Schröder ist Fußball-Schiedsrichterin. Dabei begegnet sie häufig albernen Klischees.

Julia Schröder ist Fußball-Schiedsrichterin. Dabei begegnet sie häufig albernen Klischees.

Foto: Busch

Sie entspricht keinem Klischee. Auf den ersten Blick hat sie etwas Puppenhaftes. Die langen blonden Haare umrahmen in Wellen ihre großen Augen mit den langen, geschwungenen Wimpern.

Mit ihrer zierlichen Statur wirkt Julia Schröder fast zerbrechlich. Sie ist Fußball-Schiedsrichterin. Auf dem Platz muss sie sich sofort Respekt verschaffen. Besonders wenn Männer nach ihrer Pfeife tanzen sollen. "Ich mich auf keinen Fall auf Diskussionen einlassen. Die Spieler versuchen das immer wieder, doch da bin ich konsequent", sagt sie.

Sie leitet seit zwei Jahren neben Jugendspielen auch Begegnungen in der Frauen-Landesliga und der Herren-Kreisliga C. "Als ich angefangen habe, wollte ich unbedingt höherklassige Partien pfeifen. Da ich jedoch im nächsten Jahr Abi mache, muss ich mich auf die Schule konzentrieren."

Der 18-Jährigen bleibt nicht genug Zeit für das tägliche Training. "Zwar jogge und schwimme ich regelmäßig, doch wer als Schiedsrichter etwas erreichen will, muss jeden Tag ein intensives Fitnesstraining absolvieren, sonst ist der Fifa-Lauftest nicht zu schaffen", berichtet Julia Schröder.

Die Mittelfeldspielerin ist durch Zufall zur Pfeife gekommen. "Mein Vater hat mir vom Lehrgang erzählt, den er machen wollte. Ihm kam etwas dazwischen, und ich bin für ihn hingegangen. Es war eine spontane Entscheidung. Doch mit der Zeit hat mich das immer mehr gereizt."

Entschlossen wechselte die Hinsbeckerin die Seiten und tauschte das Trikot von Fortuna Dilkrath gegen den Dress der Unparteiischen. Sie hat eine andere Perspektive gewonnen. "Als Spielerin war ich voller Emotionen. Als Schiedsrichterin muss ich das Spiel aus einer neutralen Position beurteilen."

Sie hat aber eine Einsamkeit kennen gelernt, die ihr als Teamsportlerin fremd war. "Auf dem Platz bin ich alleine und wenn ich mal was nicht gesehen habe, bin ich gleich schuld." Eine Fehlentscheidung zu revidieren, kann sie sich nicht leisten. "Wenn ich Abseits gepfiffen habe, muss ich dabei bleiben, sonst stellen Spieler alles in Frage."

Für die Schülerin ist jedes Spiel die Herausforderung zu beweisen, was sie drauf hat. "Es reizt mich zu zeigen, dass ich das als Frau schaffen kann." Vor Vorurteilen schützt sie ihr Selbstbewusstsein nicht. "Die Sprüche, ich sollte lieber stricken gehen, höre ich nicht mehr. Als ein Spieler mal mit erhobener Hand vor mir stand, habe ich ihn mit Rot vom Platz geschickt, doch als ein Trainer mich mal bis in die Kabine verfolgt hat, hatte ich ein mulmiges Gefühl." Der Trainer erhielt eine Geldstrafe.

Wenn sich die Hinsbeckerin die Spiele der Fußball-Frauen-Weltmeisterschaft anschaut, wandert ihr Blick oft zur Schiedsrichterin. "Früher habe ich darauf nie geachtet, doch seit ich etwas Hintergrundwissen habe, beobachte ich schon, wie die Laufwege sind, wie sie das Spiel gestaltet und brenzlige Situationen regelt." Wenn sie selbst im Einsatz ist, achtet sie darauf, ordentlich gekleidet zu sein und verzichtet auf Schmuck. Sie will ernst genommen werden und keine Klischees bedienen.

(RP)
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