Serie Mein Verein Literarische Gesellschaft in der Seenstadt

Nettetal · Der Verein Nettetaler Literaturtage präsentiert Poesie und Belletristik als Live-Erlebnis – seit fast 25 Jahren.

 Gehören zum Vorstand des Vereins Nettetaler Literaturtage (von links): Andrea Küppers-Hermsen, Ulrich Schmitter, Ute Mausberg und Fabian Matussek.

Gehören zum Vorstand des Vereins Nettetaler Literaturtage (von links): Andrea Küppers-Hermsen, Ulrich Schmitter, Ute Mausberg und Fabian Matussek.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Kurzes Grübeln: „250 mindestens, da müsste ich mal nachsehen“, sagt Fabian Matussek. „Nein, das sind bestimmt mehr als 300“, vermutet Ulrich Schmitter. Die Frage, wie viele Veranstaltung der Verein Nettetaler Literaturtage in seinen mehr als 20 Jahren organisierte, bringt die beiden Vorstandsmitglieder zum Nachdenken – und Plaudern.

Jede Menge Programmhefte und Jahrbücher liegen auf einem Tisch in der Stadtbücherei an der Lobbericher Straße in Breyell. Neben Schmitter und Matussek sind ihre Vorstandskolleginnen Andrea Küppers-Hermsen von der Bücherei und Ute Mausberg vom Buchladen Kaldenkirchen dabei. „Im Grunde sind wir eine literarische Gesellschaft, wie es sie früher häufiger gab“, sagt Schmitter. Mit Büchern und Autoren haben sie alle von Berufs wegen zu tun, und ehrenamtlich engagieren sie sich im Verein, um den Leseratten in Nettetal und Umgebung Poesie und Lyrik, Belletristik und Fachliteratur als Erlebnis live zu präsentieren.

„Bei unserer ersten Veranstaltung trat Marcus Jeroch auf, den damals hier kaum jemand kannte. Doch der Abend wurde ein voller Erfolg“, erinnert sich Stadtbüchereileiter Schmitter. Das war im Oktober 1995, als Jeroch mit Wortspielereien und Silbenakrobatik das Nettetaler Publikum begeisterte. 20 Jahre später, im Oktober 2015, war Wortkünstler Jeroch Stargast zum 20-jährigen Bestehen des Vereins Nettetaler Literaturtage.

„Von Anfang an hatten wir mehr im Sinne als nur die üblichen Lese-Abende mit dem Autor am Tisch vorm Publikum in einer Bibliothek oder Buchhandlung“, erinnert sich Schmitter. Schließlich gelang es ihm, die Nettetaler Buchhändler, „die damals Konkurrenten waren“, zusammen mit Büchereimitarbeitern an einen Tisch zu bringen. „Uns war schnell klar, wenn wir Literaturveranstaltungen anbieten wollen, brauchen wir eine Organisation, eine Struktur, also gründeten wir einen Verein“, sagt Matussek. Sinn der Sache: Begeisterten Lesern ihre Lieblingsautoren live präsentieren – und so auch bei anderen das Interesse an Büchern, am Lesen überhaupt wecken.

Bei den Nettetalern kam die Ini­tiative an. Jeroch und weitere Gäste, die folgten, locken die Literaturfreunde in Massen. „Heute haben wir rund 270 Mitglieder aus Nettetal und Umgebung“, sagt Schmitter erfreut. Sie seien die Förderer der Literaturtage und erhielten für ihren Mitgliedsbeitrag ein Vorkaufsrecht auf Eintrittskarten – und regelmäßig als Jahresgabe ein besonderes literarisches Werk.

Neben der obligatorischen Jahresversammlung besteht das Vereinsleben hauptsächlich aus den Veranstaltungen und ihren Vorbereitungen: Lesungen und alle zwei Jahre das große Festival Nettetaler Literaturtage mit noch unbekannten Autoren ebenso wie mit Stars der Szene, ob Heidenreich oder Maurer, Willemsen oder Goosen.

„Neben klassischen Lese-Abenden gehören Musik und Ausstellungen oder Experimentelles aus den Grenzbereichen des Literarischen dazu“, erläutert Küppers-Hermsen. Spielorte sind nicht nur Buchhandlungen und die Stadtbücherei oder die Werner-Jaeger-Halle, die jetzt allerdings umgebaut wird. „Galerien und Naturschutzhof, Blumenladen und Bauernhof, Info-Zentrum der Biologischen Station oder Kaldenkirchener Literatur-Scheune“, zählt Mausberg als Beispiele auf.

Die Besucher der Veranstaltungen bekommen von der Arbeit der Vorstandsmitglieder kaum etwas mit. Die wiederum verhandeln mit Autoren oder deren Verlagen und Agenturen über Termine und Honorare, machen Werbung für die Lesungen, holen die Autoren vom nächstgrößeren Bahnhof ab und kutschieren sie ins Hotel. „Es gehört sich auch, nach der Veranstaltungen mit ihnen essen zu gehen“, berichtet Matussek. Das allerdings sei mitunter schwierig: „In welchem Nettetaler Restaurant kriegt man nach 21.30 Uhr noch etwas zu essen?“

Auch solche Fragen spielen eine Rolle bei den Planungen fürs große Jubiläumsfestival 2020. Schmitter. „Dann wird unser Verein 25 Jahre alt.“

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