Premiere in Nettetal-Lobberich „Theater unterm Dach“ gelingt Verwirrspiel um Arm und Reich

Nettetal · Die Nettetaler Theatertruppe feiert jetzt mit „Drei Männer im Schnee“ von Erich Kästner aus dem Jahr 1934 Premiere. Das Haus mit gut 80 Plätzen ist ausverkauft. Warum sich der Besuch gelohnt hat.

Viel Beifall gab es für „Drei Männer im Schnee“.

Viel Beifall gab es für „Drei Männer im Schnee“.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Kleine Schneehaufen links und rechts der Treppe, vereiste Glastüren, ein Page in der Uniform des Grand Hotel Bruckbeuren, der mir beflissen die Tür aufreißt: Hab ich mich verfahren? Bin ich nicht im Nettetaler „Theater unterm Dach“? Der zweite Blick klärt auf: Fabian Matussek ist der Page und ich bin tatsächlich im „Theater unterm Dach“.

Die Nettetaler Theatertruppe feiert jetzt mit „Drei Männer im Schnee“ von Erich Kästner aus dem Jahr 1934 Premiere. Das Haus mit gut 80 Plätzen ist ausverkauft, ebenso die vier weiteren Vorstellungen und sogar die Zusatzvorstellung.

Das Stück ist rundum gelungen. Die Truppe schenkt den Gästen einen heiteren und unbeschwerten, aber nicht oberflächlichen Abend. Den kann man in diesen Zeiten gut gebrauchen. Dabei basiert der Roman auf einer düsteren Vorlage mit dem Titel „Inferno im Hotel“, die Kästner schon 1927 verfasste. Das Inferno ist in „Drei Männer im Schnee“ verschwunden. Dennoch spiegelt der Roman auch die Abgründe menschlicher Vorurteile gegen Arm und Reich wider. Dies tut er auf eine Weise, dass man beschwingt nach Hause geht.

Millionär Eduard Tobler – Axel Dammer verkörpert ihn, als sei er sein zweites Ich – möchte „das Glashaus niederreißen“, in dem er sitzt. Was seine Hausdame Frau Kunkel (Carina Dahmen), die den Fels in der Tobler’schen Brandung wunderbar ungerührt und dennoch mitfühlend spielt, kommentiert: „Das kann ins Auge gehen.“ Geht es auch. Verwechslungen sind vorprogrammiert: Der arbeitslose Werbemann Dr. Fritz Hagedorn, den Frederik Derendorf in allen Facetten lebendig werden lässt, wird für den Millionär gehalten, der Diener (Patrick Viets) für einen reichen Reeder. Und dann verwandeln die, die sich für andere ausgeben, zurück  – Tobler und sein Diener spielen sich selbst,  ein großes Vergnügen.

Die Nettetaler haben Kästners Text übernommen, nehmen sich Freiheiten, etwa wenn die Hoteldirektorin den Pagen bittet, den Buchhändler Matussek am Abend des Lumpenballs auf sein Zimmer zu schaffen: „Der ist schon total hinüber.“ Ein großer Spaß für die Zuschauer.

Zuletzt kommt alles an ein gutes Ende. Die Bösen werden bestraft: Das sind Hoteldirektorin Kühne (Monique Kaiser) und Portier Polter (Neuzugang Bastian Menninger gab ein überzeugendes Debüt): Sie hofieren nur die reichen Gäste und verachten die, die offenbar arm sind.

Die Amateurschauspieler, auch Hilke Menninger, Wybke Reuther und Dominika Kemper, glänzen in ihren Rollen und spielen  mit großer Freude. Auch dem ausgefeilten Bühnenbild, das sich vom Salon  zum Foyer eines Berghotels mit Berg-Panorama wandelt, gebührt Anerkennung. Dafür ist Fabian Matussek zuständig. Die Regie und Gesamtleitung hat Frederik Derendorf, für die Technik sind Lukas Hauertz und Kai Reuther verantwortlich.

Im März 2023 spielt das „Theater unterm Dach“ Patrick Hamiltons „Gaslicht“.

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