Serie Straßennamen in Nettetal Ein Worpswede am Niederrhein

Das Bergdorf Hinsbeck erinnert mit Straßennamen für Hendrick Goltzius und Jupp Rübsam an seinen Ruf, eine gute Wohn- und Arbeitsstätte für Künstler und ihr Schaffen zu sein.

VON MANFRED MEIS

HINSBECK Als „Worpswede am Niederrhein“ ist Hinsbeck angesichts der zahlreichen dort wohnenden und schaffenden Künstler im ausgehenden 20. Jarhundert oft bezeichnet worden. Das spiegelt sich aber kaum in den Straßennamen des Bergdorfes wider, denn nur zwei erinnern an sie: der Hendrick-Goltzius-Weg und die Jupp-Rübsam-Straße. Dabei „stolpert“ man in Hinsbeck förmlich über Kunst im öffentlichen Raum, die bei Künstlersymposien entstanden ist. Zudem ist die katholische Pfarrkirche St. Peter fast ein Ausstellungsraum des Glasmalers Johannes Beeck.

Beim Hendrick-Goltzius-Weg im Neubaugebiet Stauffenbergstraße stapeln die Hinsbecker etwas hoch, denn der weltberühmte Kupferstecher hat Hinsbeck wahrscheinlich nie gesehen. Er wurde Anfang 1558 im nahen „Mühlbracht“ (heute Bracht) geboren, zog mit seinen Eltern aber schon drei Jahre später nach Duisburg. Wohl stammt Urgroßvater Hubert Goltz vom einstigen Goltzhof, der zwischen Kantershof und Steinbergs Erff in Hombergen lag, wie der Landeskundler Albert Steeger (geboren in Lobberich) 1942 herausfand. „Meister Hubert von Hinsbeck“ arbeitete um 1500 als Maler in Venlo. Sohn Jan setzte die Malertradition fort, war aber auch Bürgermeister von Kaiserswerth; Enkel Jan wurde Glasmaler und heiratete dann in Bracht die von dort stammende Anna Fullings.

Der Erstgeborene, Hendrick, lernte zunächst in Vaters Werkstatt in Duisburg, wurde in die Geheimnisse des Kupferstechens dann aber von dem Niederländer Dirck Volkerts Coornheert eingeweiht, der seine Werkstatt im nahen Xanten hatte. Als dieser wieder zurück in seine Heimatstadt Haarlem ging, folgte ihm der Schüler Hendrick und übertraf ihn und andere später mit seiner präzisen Kunst im Stil des italienischen Manierimus.

Seine erste Gedenkmedaille hat der Kreis Kempen-Krefeld 1967 Hendrick Goltzius gewidmet (der Name wurde latinisiert). Niederrheinische Museen stellten den Kupferstecher vom Niederrhein, der zu Lebzeiten hier wenig Resonanz fand, zuletzt 1983 in einer großen Ausstellung vor, an der auch das Kramermuseum Kempen beteiligt war; dessen Direktor Carsten Sternberg übernahm im umgangreichen Katalog die Beschreibung der 134 Blätter.

Dem Bildhauer (und auch Maler) Jupp Rübsam hat Hinsbeck eine kleine Straße gewidmet, deren Zufahrt nahe dem Kreuzungsbereich der Neu-/Umgehungsstraße man fast übersehen könnte. Rübsam kam 1942 nach Hinsbeck – in Düsseldorf war er ausgebombt und nach dem großen Streit um sein „39er Denkmal“ auch nicht mehr gerne gesehen. Dieses Denkmal sollte an die Soldaten des „Niederrheinischen Füsilierregiments Nr. 39“ erinnern, Düsseldorf war Garnisonsstadt für die „Knüfkes“. Auch Rübsam gehörte ihm während des Ersten Welkrieges an. Nach heftigen Diskussionen wurde das Denkmal zwar 1928 eingeweiht, doch 1933 gleich nach der „Machtübernahme“ der Nationalsozialisten als „entartet“ abgebrochen; was nach dem Bombenkrieg davon noch zu finden war, erinnert heute als „Mahnung gegen Terror und Intoleranz“. Das aber hat Rübsam 1978 nicht mehr erlebt.

Der Maler Heinz Tappeser hatte Rübsam Zuflucht gewährt – er starb wenige Monate später, und Rübsam heiratete dessen Witwe Ria, die wieder etwas Stabilität in sein Leben brachte. Von der Kunst zu leben war nicht immer einfach: Trotzdem fanden im Haus Rabenhorst am Hang der Hinsbecker Höhen in Hombergen oft rauschende Karnevalfeste statt, zu denen ein Teil der Düsseldorfer Bohème anreiste. 1965 fuhr auch Regierungspräsident Kurt Baurichter dorthin, um Rübsam mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse für „seine Haltung im ‚Dritten Reich‘ und in Anerkennung seines künstlerischen Gesamtwerks“ auszuzeichnen.

 Hendrick Goltzius, hier auf einem Selbstporträt zu sehen, wurde als Maler und Kupferstecher weltberühmt. Sein Urgroßvater Hubert Goltz stammte vom Goltzhof, der in Hombergen lag.

Hendrick Goltzius, hier auf einem Selbstporträt zu sehen, wurde als Maler und Kupferstecher weltberühmt. Sein Urgroßvater Hubert Goltz stammte vom Goltzhof, der in Hombergen lag.

Foto: Wikimedia Commons

Trotz der Handicaps nach schweren Verletzungen bei einem Autounfall (er wurde angefahren) arbeitete Rübsam weiter. Zu sehen sind aus seinen letzten Jahren beispielsweise in Hinsbeck der „Froschkönig-Brunnen“ an der Grundschule und der Kreuzweg in der Pfarrkirche St. Peter, in Lobberich die Schutzmantelmadonna an der Pfarrkirche (zwischen Pfarrheim „Brücke“ und Kirchenbau) und „Schönkeskrüzz“ im Sassenfeld/Neustraße (Hinsbeck), in Breyell die Stahlarbeiter auf dem früheren Rötzel-Gelände an der Straße Felderend. Eine Auswahl seiner Werke war 1991 in der Galerie in Viersen zu sehen, gleichzeitig erschien eine Monographie, die die Sparkassenstiftung Natur und Kultur Kreis Viersen als ersten Band ihrer Reihe „Leben und Werk niederrheinischer Künstler“ herausgab. 2003 nahm der Kreis Rübsam auf seine Gedenkmedaille.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort