Auch in Nettetal gibt es viele Unterkünfte SPD vermisst Hilfe bei Leiharbeiter-Problem

Nettetal · Bei einer Razzia im Kreis Borken haben Behörden kürzlich Unterkünfte von Leiharbeitern überprüft. Nettetal brauche Unterstützung von der Landesregierung, sagt die Fraktionsvorsitzende Renate Dyck.

 Dieses Haus in Hinsbeck ist eines der Objekte, die die Stadt  beobachtet.

Dieses Haus in Hinsbeck ist eines der Objekte, die die Stadt  beobachtet.

Foto: Holger Hintzen

Die Razzia war groß angelegt: NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) war höchstpersönlich dabei, Vertreter von deutschen und niederländischen Behörden und auch ein Team des rumänischen Arbeitsschutzes haben Anfang voriger Woche im Kreis Borken im großen Stil Unterkünften von Leiharbeitern kontrolliert, die in den Niederlanden eingesetzt werden. 42 Wohnungen wurden nach Angaben von Scharrenbachs Ministeriums überprüft, rund 150 Arbeitnehmernehmer niederländischer Leiharbeitsfirmen angetroffen. „Brandschutzmängel, Schimmel, fehlende Stromversorgung sowie weitere bau- und wohnungsrechtliche Mängel wurden festgestellt. Die Unternehmen haben zudem von den Bewohnerinnen und Bewohnern zu hohe Mieten verlangt“, lautete hinterher die Bilanz des Ministeriums.  Eine Aktion, die sich viele Nettetaler auch für ihr Stadtgebiet wünschen. „Wir sehen nicht, dass wir auf Landes- und Kreisebene so unterstützt werden, dass wir des Problems Herr werden können“, sagt beispielsweise Renate Dyck, Vorsitzende der SPD-Fraktion im Nettetaler Stadtrat. 

Leiharbeiter-Unterkünfte gab und gibt es seit Jahren im gesamten Nettetaler Stadtgebiet. Die Stadtverwaltung hat 2019 eine Task Force mit Mitarbeitern aus den Bereichen Ordnung, Soziales, Bauaufsicht und Meldewesen eingerichtet. Diese hat mehr als 30 Häuser im Blick, für die es Hinweise gibt, dass sie als Unterkunft für Leiharbeiter dienen. Den Vorwurf, die Verwaltung kümmere sich nicht, weist die Stadt zurück. Auch Renate Dyck sieht Nettetal alleine mit dem Problem überfordert. „Es muss gesetzgebende Maßnahmen geben, die so etwas unterbinden. Eine Kommune alleine kann das nicht leisten“, sagt sie.

„Oberstes Ziel ist es, die ausbeuterischen Miet- und Wohnverhältnisse zu beenden und Menschen zu schützen. Dabei arbeiten wir Seite an Seite mit den Niederlanden, erstmals mit dem rumänischen Arbeitsschutz und den betroffenen Kommunen, um gegen diese moderne Form der Sklaverei vorzugehen“, erklärte Ministerin Scharrenbach nach der Razzia in der vergangenen Woche. Als diese im Kreis Borken am 25. Oktober  über die Bühne ging, war in Nettetal auch die Polizei im Einsatz. Der traurige Grund: In einem Haus in Hinsbeck, das auf der Liste der von der Stadt beobachteten steht, war ein Mann mit polnischer Staatsangehörigkeit tot aufgefunden worden. Es gebe keine Anzeichen für eine Straftat, erklärten die Polizei später. Bereits fünf Tage zuvor war in einem anderen Haus in Hinsbeck ein  Pole (42) tot aufgefunden worden. Die Obduktion ergab nach Polizeiangaben: Übermäßiger Alkoholkonsum war die Todesursache. Und auch am Samstag, 29. Oktober, war die Polizei am Morgen wieder in Hinsbeck. Diesmal, so teilte eine Polizeisprecherin auf Anfrage unserer Redaktion mit, hatte eine Frau eine Fensterscheibe eingetreten. Menschen seien dabei nicht zu Schaden gekommen. 

In sozialen Medien hat Renate Dyck auch eine Diskussion darüber verfolgt, dass sich Leiharbeiter auf dem Hubertusplatz in Schaag abends treffen, Alkohol konsumieren und laut werden. Verteufeln will die Sozialdemokratin die fern der Heimat in prekären Verhältnissen lebenden Menschen jedoch nicht. Sie sagt:  „Das Problem sind ja weniger die Menschen, die wie moderne Sklaven auf engstem Raum für ganz viel Geld untergebracht werden. Wohin sollen sie denn auch gehen? Sie sind doch das letzte und ärmste Glied in der Kette.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort