Nettetal Skandal oder Transparenz?

Nettetal · Der Datenschutzbeauftragte des Landes hat der Stadt Nettetal eine Beanstandung zugeschickt. Stein des Anstoßes ist die Veröffentlichung des Goerigk-Testaments. Auch ein Ordnungswidrigkeitenverfahren steht im Raum.

Eine Beanstandung, die der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Ulrich Lepper, der Stadt Nettetal zugeschickt hat, sorgt derzeit für Unruhe im Rathaus. Und womöglich droht weiteres Ungemach: Lepper hat "aufgrund der Erheblichkeit des festgestellten datenschutzrechtlichen Verstoßes" bei der Bezirksregierung Düsseldorf angeregt, ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Verantwortlichen einzuleiten.

Stein des Anstoßes: die Veröffentlichung des Testaments von Josefa Goerigk in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 22. Februar. Das Ehepaar Frenken als Testamentsvollstrecker hatte sich an den Datenschutzbeauftragten gewandt.

In der Ausschusssitzung wurde über die Verwendung des städtischen Anteils an der Goerigk-Stiftung beraten. Wenige Tage vorher war dazu ein Antrag der WiN-Fraktion bei der Stadt eingegangen, in dem es unter anderem hieß, dass die zugrundeliegende testamentarische Regelung beziehungsweise Stiftungsurkunde unvollständig und unkorrekt wiedergegeben oder dass die Zinserlöse nicht entsprechend dem Stiftungszweck verwendet worden seien.

Testament beigefügt

"Wunsch der Verwaltung war es daraufhin, größtmögliche Transparenz zu schaffen. In diesem Sinne wurde der Sitzungsvorlage dann unter anderem das sogenannte öffentliche Testament der Frau Josefa Goerigk beigefügt. Denn hierin wurde auch die Entstehung einer ,stiftungsähnlichen Einrichtung', also der Goerigk-Stiftung, genauer verfügt. Das Testament war der Stadt wegen des berechtigten Interesses auf Antrag vom Amtsgericht Nettetal zur Verfügung gestellt worden", informiert die Stadt in einer Pressemitteilung.

"Nach der Gemeindeordnung dürfen personenbezogene Daten in öffentlicher Sitzung offenbart werden, soweit nicht schützenswerte Interessen Einzelner oder Belange des öffentlichen Wohls überwiegen. Hierzu ist eine Abwägung erforderlich. Diese musste die Stadt seinerzeit in sehr kurzer Zeit treffen", teilt die Stadt weiter mit. Die Verantwortlichen seien damals schließlich zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Veröffentlichung des kompletten Original-Testamentes geboten war: "Das allgemeine Interesse, das in der Öffentlichkeit geweckte Misstrauen an der Echtheit zu beseitigen, überwog für die Stadt."

Der WiN-Fraktionsvorsitzende Hajo Siemes sieht sich nun darin bestätigt, während der Ausschusssitzung "als Einziger die Veröffentlichung des gesamten Testaments mehrfach bemängelt" zu haben. Seine Bedenken seien aber nicht ernst genommen worden, ärgert sich Siemes im Gespräch mit der RP. "Welche politischen Konsequenzen dies für den Bürgermeister und/oder den Ersten Beigeordneten nach sich zieht, muss man abwarten", sagt Siemes, der jedoch nicht so weit gehen möchte, Rücktritte zu fordern. "Inwiefern des Weiteren noch Schadensersatzansprüche auf die Stadt zukommen, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht seriös beurteilen", stellt der Fraktionsvorsitzende abschließend fest.

(RP/rl)
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