Nettetal Sieben "Tote Männer" helfen beim Drehen

Nettetal · Musikalisch geht es in der Stammenmühle zu. Bernhard Zanders hat hier seine Geigenbauwerkstatt, und es gibt klassische Musikkonzerte.

 An der Stammenmühle in Hinsbeck weht manchmal der Union Jack, die britische Fahne. Auch ein Faible von Geigenbauer Bernhard Zanders.

An der Stammenmühle in Hinsbeck weht manchmal der Union Jack, die britische Fahne. Auch ein Faible von Geigenbauer Bernhard Zanders.

Foto: kn

"Für eine halbe Umdrehung muss ich eine Viertelstunde kurbeln", verrät Bernhard Zanders. Lächelnd deutet er auf das Krühwerk, mit dessen Hilfe die Mühlenflügel in den Wind gedreht werden. Eine Welle dreht die Kette auf, die wiederum an einem "Toten Mann" verankert ist. Das ist eine in die Erde versenkte Bahnschwelle. "Es geht quasi von einem Toten Mann zum anderen. Ich verankere die Kette jeweils eine Bahnschwelle weiter und drehe entsprechend", erklärt Zanders. Mühlenflügel drehen geht aber auch leichter - Zanders den 250-Watt-Motor am Krühwerk anwirft, der Dank seiner großen Übersetzung das Ganze in Bewegung setzt.

Die Stammen-Mühle ist ein wahres Schmuckstück. Schneeweiß leuchtet sie von ihrem Hügel über Hinsbeck. Die dunklen Flügel heben sich kontrastvoll ab. Erbaut wurde die Turmwindmühle 1854, nachdem ein Sturm die rund einen Kilometer entfernte Bockwindmühle umgekippt hatte. Michael Stammen war der erste Müller - nach ihm ist die Mühle benannt. Bis 1928 wurde in der Mühle Getreide zu Mehl gemahlen. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente die Mühle nur noch als Kartoffelkeller. Sie verfiel zusehend, was auch sichtbar wurde. Doch wurde sie vermietet, damit einherging die Renovierung.

"1994 haben meine Frau Anne und ich die Mühle übernommen. Das war kein Zufall, denn meine Frau ist eine Enkelin des letzten Müllers, Wilhelm Stammen", berichtet Zanders. Der Geigenbauer, der zuvor bereits ein Faible für Mühlen hatte, restaurierte die Mühle liebevoll. Er sorgte auch dafür, dass die Mühle endlich wieder Flügel erhielt. Zudem ließ Zanders die beiden unteren Räume anbauen, in denen sich heute unter anderem der intime Konzertraum befindet. In die Etage darüber zog er mit seinem Büro und noch eine Etage höher hat er seine Geigenbauwerkstatt untergebracht. "Da der Holzwurm im Mahlwerk der Mühle hauste, haben wir alles ausgebaut und das gesamte Holz pasteurisieren lassen, denn Holzwürmer und eine Geigenbauwerkstatt vertragen sich nicht", sagt Zanders.

Zwar gibt es das gesamte Mahlwerk noch, aber mahlfähig ist die Mühle nicht mehr, da dem König, wie der durchgehende Balken einer Mühle genannt wird, ein Stück fehlt. Im Raum über der Werkstatt trifft sich alle zwei Wochen der Britische Club, den Zanders vor 19 Jahren gründete. Er habe eine Affinität für Gentleman Clubs, sagt der Geigenbauer. Highland-Games, Konzerte, Autorenlesungen und Umzüge, alles very British, gab es schon häufiger in und an der Stammenmühle. Und wer ganz oben in der Mühle steht, immerhin zwölf Meter hoch, der hat einen wunderbaren Weitblick. "Früher, als die Bäume noch nicht so groß waren, soll man, laut Aussage der früheren Müller, von hier aus 36 Kirchtürme gesehen haben", berichtet Zanders. Statt der vielen Kirchtürme gehören heute das Kraftwerk bei Roermond und der Gasometer von Oberhausen zum Fernblick.

(tref)
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