Nettetaler Straßennamen und ihre Geschichte Ein Seelsorger und Kunstkenner
Leuth · Johann Peter Knippen war ein bedeutender Pfarrer, den Leuth mit einer Straßenbezeichnung ehrt – ebenso wie Pfarrer Paul Schrievers und Kaplan Leopold Henrichs.
Von Fundraising sprach man in der Mitte des 19. Jahrhunderts am Niederrhein noch nicht, doch beherrschte Johann Peter Knippen dieses Metier in hervorragender Weise: Der Pfarrer von St. Lambertus hatte seine auf 1200 Seelen angewachsene Pfarrgemeinde nicht nur davon überzeugt, eine neue Kirche statt eines Anbaus an die alte zu errichten, er wusste auch, wie er an das Geld für den Bau kommen würde. An einem Sonntag im Jahre 1857 stelllte er von der Kanzel herab nicht nur die rhetorische Frage „Woher sollen wir die Mittel zu einem Neubau nehmen?“, sondern wusste auch schon die Antwort: „Das Geld ist schon dafür da.“
Als er in ungläubige Gesichter blickte, ließ er die Katze aus dem Sack: „Das Geld ist in – euren Häusern!“ Ein jeder möge nach Kräften zur Finanzierung des Neubaus beitragen, dann stehe hier schon bald ein „geräumiges und stattliches Gotteshaus“, sagte er. Und schon bald waren die benötigten 15.000 Taler beisammen – „durch die wachsende Begeisterung und rührende Opferwilligkeit, namentlich auch unter der minder bemittelten Klasse“, wie Leopold Henrichs und Johann Finken in ihrer 1884 erschienenen Leuth-Geschichte schildern.
Es dauerte allerdings noch drei Jahre, ehe die Baupläne fertig waren. Knippen, 1798 in Burgwaldniel geboren und nach für damalige Zeiten rasanter Karriere mit 35 Jahren 1833 zum Pfarrer in Leuth berufen, hatte den Kölner Baumeister Vinzenz Statz als Planer gewonnen und sich gleich auch mit kunstsinnigen Handwerkern für die Gestaltung des Kircheninneren in Verbindung gesetzt. Mit dem Münsteraner Bischof Johann Georg von Müller, der die Kirche zur Herbstkirmes am 22. September 1861 weihte, stimmte er die große Linie und zahlreiche Details ab.
Dabei erwies er sich als kompetenter Kenner kirchlicher Kunst, wie Klaus Niehr in zwei kleinen Broschüren und einem Aufsatz im Heimatbuch Viersen (2019) über die Kirche und ihren Altar beschreibt. Niehr, der als Leuther Junge einst Messdiener in St. Lambertus war und später Kunsthistoriker an der Universiät Osnabrück, urteilt über Knippen und seinen Altararchitekten: „Vor 155 Jahren konnte man erstmals seine und Wiethases Vision von einem modernen Altar in der Realität erleben“.
Johann Peter Knippen erlebte die Fertigstellung des Altars 1882 nicht mehr, er starb schon 1874. Er hinterließ auch weitere Spuren in Leuth: Er legte den neuen – damals katholischen – Friedhof am Hampoel an, dessen Kreuzwegstationen unter Denkmalschutz stehen, und sorgte für den Neubau der Schulen am Hampoel (heute Netteverband) und in Leutherheide sowie einer Kaplanei (später Küsterwohnung, heute Wohnhaus).
Als Beweis seines Eifers, dass er in der Seelsorge „unermüdet tätig“ war, führen Henrichs und Finken die Einführung des vierzigstündigen Gebets 1869 an den drei Fastnachtstagen an. Die Leuther aber entsagten den „tollen Tagen“ nicht, sondern feiern seither den Karneval eine Woche früher.
Als Paul Schrievers, dem eine kleine Straße in Friedhofsnähe gewidmet ist, 1945 als Pfarrer nach Leuth kam, lag ein bewegtes Jahrzehnt hinter ihm. Denn dem gebürtigen Dornbuscher waren die Nationalsozialisten mit ihrer Geheimen Staatspolizei auf den Fersen, als er während seiner Kaplanszeit in Rheydt und als Religionslehrer immer wieder gegen die braunen Herrscher anpredigte.
In seine Leuther Zeit fallen vor allem die Beseitigung von Kriegsschäden an den kirchlichen Gebäuden und eine Neuorientierung der Kindergartenarbeit. 1951 feierte die Pfarre ihr 700-jähriges Bestehen; in einem Aufsatz zur Geschichte der Kirche attestiert Schrievers dem Altar eine eigenwillige und zielstrebige Komposition, spricht aber auch von „dem vielen zeitbedingten, künstlerisch wertlosen Schnitzwerk“.
Aus gesundheitlichen Gründen ließ sich der 66 Jahre alte Pfarrer 1971 von seinen Aufgaben entbinden und kehrte in sein Elternhaus nach Dornbusch zurück, wo er einige Jahre später verstarb.
Verdienste nicht in, sondern um Leuth hat Leopold Henrichs erworben, von 1869 bis 1885 Kaplan in Wachtendonk; seinen Namen trägt eine kleine Straße an der May. Der promovierte Theologe, der auch die Redaktion der Zeitschrift „Niederrheinischer Geschichtsfreund“ innehatte, schrieb 1884 die „Geschichte der Herrlichkeit Leuth“, um die ihn der historisch sehr interessierte Leuther Ökonom Johann Finken gebeten hatte. Dieser ging ihm bei der Aktenbeschaffung und -erforschung auch zur Hand und schrieb später eigenständig Bücher über Kaldenkirchen und Lobberich.