Nettetal Raffinierter Wechsel von Spiel und Realität

Nettetal · Internet, Facebook und die Flut obskurer Fernsehserien haben nun auch das "Theater unterm Dach" in Lobberich erreicht - nicht einfach beispielhaft für neue Medien und aktuelle Unterhaltungsformate, sondern als abendfüllendes Programm mit Witz und Realsatire aufbereitet. In Handarbeit knüpften sich Björn Gotzes, Alexander Heimes und Ben Kurtenbach an zwei Abenden die Formate vor. Alexander Heimes, verantwortlich für die Gesamtkonzeption, hatte das Gros der Texte für "Stimmung im Keller" geschrieben, um im verbalen Pingpong mit Björn Gotzes die Gags und Seitenhiebe abzufeuern. Kurtenbach war über Musik und Arrangements in den inhaltlichen Part einbezogen.

 Bei "Stimmung m Keller" war die Laune im Publikum gut.

Bei "Stimmung m Keller" war die Laune im Publikum gut.

Foto: busch

Dieser erzählte von zwei namenlosen Helden, die in den Keller verbannt wurden. Sie haben ihren Chef verärgert und müssen nun im Archiv eines TV-Senders ein grandioses Showkonzept entwickeln, um wieder in die oberen Etagen aufsteigen zu dürfen. Doch so viel die Köpfe auch rauchen und die Ideen kommen - alles war schon einmal da. Wie wäre es mit Heiratswilligen mit Hang zur Selbstdarstellung, fragt der eine. Gibt es schon seit zehn Jahren bei RTL mit "Bauer sucht Frau", antwortet der andere. Und ein "paar Asis vom alten Schlag" gäbe es bereits beim "Frauentausch", während Tussis ohne Würde, die übereinander herziehen, beim "Bachelor" seien.

Björn Gotzes punktete als Darsteller mit Showqualitäten. Treffsicher massierte er die Lachmuskeln im niederländisch/deutschen Sprachmix beim emphatischen Lied auf holländische Frikandel. Heimes war der Nerd sowie der ideale Gegenpol im Schlagabtausch der Positionen und Wortspiele. Anspielungsreich unterstützt von Morricones Musik aus "Spiel mir das Lied vom Tod" traten beide etwa im Mittelgang des Zuschauerraums zum gnadenlosen Duell an. Fakten von obskuren Inhalten hatten die Kraft von Pistolenschüssen. "Wir könnten doch ein Lied daraus machen" kam vom Mann am Keyboard, als Werbeslogans ausgeschlachtet wurden. Als Dritter der sichtbaren Akteure war Kurtenbach der Garant für Live-Musik und Begleitung, aber auch die Zielscheibe für den Spott der geplagten Protagonisten. Raffiniert waren die Wechsel zwischen Spiel und Realität, zu denen die Darsteller zu Kommentatoren des Bühnengeschehens wurden. Nach der Pause gaben alle Drei noch einmal richtig Gas und animierten zur Interaktion. Das Publikum nahm gerne die Rolle der Untertanen des utopischen Swasilandes an, das den König mit begeisterten Rufen feiern muss. Ein besonderer Gag mit hohem Überraschungspotenzial war der vorgebliche Streit mit Ralph Pastors von der Technik und Bühnenbauer Dieter Fackendahl, die so ebenfalls ins Scheinwerferlicht gerieten und die Jonglage mit Fiktion und Realität auf witzige Weise variierten. Ein Bonbon in eigener Sache war der Verweis auf das Jubiläum des "Theaters unterm Dach". Im feengleichen Lichterflimmer verkündeten die Darsteller, dass in 25 Jahren 69 Inszenierungen realisiert wurden.

(anw)
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