Nettetal Pioniere der Luftfahrt

Nettetal · Venlo war vor hundert Jahren Ziel einer Zwischenetappe für Piloten, die an einem spektakulären Wettflug teilnahmen. 1911 wagten sie den mehrtägigen Flug von Paris über Lüttich, Brüssel und London zurück nach Paris.

Venlo/Nettetal In den Geschäften Marx auf der Parade, van den Bloot am Markt oder bei Leo Joosten in der Lomstraat gab es im Juni 1911 Eintrittskarten für ein Spektakel von unerhörter Dimension. Venlo war am 21. Juni 1911, vor hundert Jahren also, eine Etappe des "Europäischen Rundfluges".

Am 18. Juni waren in Vincennes bei Paris vor mehr als 400 000 (!) Zuschauern 40 Flugzeuge gestartet. Rund 1500 Kilometer lagen vor den "tollkühnen Piloten in ihren fliegenden Kisten", die die Adaption der späteren Filmkomödie mit diesem Titel lieferten.

Die Organisatoren hatten auf dem Flug, der über zwölf Stationen führte, 580 000 französische Franc als Preisgeld ausgesetzt. Das Geld steuerten im Wesentlichen die Etappenziele bei. Von Paris aus ging es nach Lüttich, Spa und zurück sowie weiter nach Venlo. Bürgermeister van Rijn und Offiziere der Venloer Garnison bildeten das Organisationskomitee. Sie mussten ausreichend Anteile in einen Fonds der niederländischen Luftfahrtgesellschaft platzieren. Ein Anteil kostete 50 Gulden — sehr viel Geld für damalige Zeiten.

40 Maschinen starteten

Die Kaserne in Blerick hatte seit Jahrhunderten bereits ihr Übungsgelände auf der Heide, dicht an der Grenze zu Leuth. Das Gebiet diente den Venloern außerdem der Naherholung. Es war sonntags beliebtes Ausflugsziel. Hier wurde für die Wettflieger die Start- und Landefläche ausgewiesen. Auf den Weg hatten sich 13 Doppeldecker und 27 Eindecker gemacht. Gemeldet für den Wettkampf hatten ursprünglich 68 Piloten, aber zehn kamen nicht. 18 wurden vor dem Start aussortiert, weil ihre Maschinen nicht wettkampftauglich erschienen.

Der Start in Paris vollzog sich unter chaotischen Umständen. Die Organisatoren konnten kaum der Menschenmassen Herr werden, die die Maschinen umlagerten. Es gab gewaltige Verspätungen. Um 6 Uhr hob endlich der aktuelle Weltrekordhalter (Flugstrecke und Flugdauer) Marcel Tabuteau mit einer eigens für ihn umgebauten Bristol biplan ab. Überschattet wurde der Abflug von mehreren Unfällen.

Der Franzose Lamartin stürzte kurz nach dem Start mit seiner Bleriot ab und starb im Hopital St. Antoine. Der Pilot Landron starb am selben Tag beim Absturz seiner Maschine bei Epiers. Ein Militärpilot, der die Wettkampfmaschinen begleitete, stürzte tödlich an der französisch-belgischen Grenze ab.

Nach drei Stunden, neun Minuten und 54 Sekunden hatte der Franzose Vidal die Strecke Paris-Lüttich als schnellster zurückgelegt. Nur acht Piloten schafften die 335 Kilometer lange Strecke an einem Tag. 17 weitere Piloten kamen am Tag danach in Lüttich an. In Venlo stieg die Spannung unterdessen. Denn die Geschehnisse unterwegs wurden berichtet.

(RP)
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