Nettetal Omas Laden - der schönste Ort

Christine Tillmann (89) erinnert sich an das Geschäft ihrer Großmutter

Christine Tillmann, geborene Peters, ist mit "Omas Laden" großgeworden. Ihre Großeltern hatten an der heutigen Kölner Straße (damals Breyeller Straße) vor dem Ortsausgang einen Bauernhof, eine Postnebenstelle, eine Gastwirtschaft und das Kolonialwarengeschäft "Der Laden war Omas Reich. Schon von Ferne sah man die großen Emailleschilder, die an der Hauswand befestigt waren: Darauf stand etwa ,Kathreiners Malzkaffee, für Kenner ein Hochgenuss' und natürlich "Persil bleibt Persil", erinnert sich die heute 89-Jährige vor Zuhörern beim Tabakkollegium.

Die Öffnung des Ladens orientierte sich an den Schlafenszeiten: "Hatte man beim Einkaufen etwas vergessen, war das nicht tragisch. Omas Laden blieb offen, bis sie ins Bett ging", sagt Tillmann. Oma habe stets eine lange dunkle Leinenschürze getragen, an der sie sich schnell mal die Hände abputzen oder über die Theke fahren konnte. Musste sie abends kurz im Stall helfen, stand ein Schild auf der Theke: "Bin im Stall, komme gleich ." Dann haben die Kunden gewartet und schon ein paar Neuigkeiten ausgetauscht.

Und mit dem Wechselgeld gingen die neuesten Nachrichten über die Theke. Jeder erfuhr, wer Litsch (Abschied vom Junggesellenleben), Hochzeit oder Kindtaufe feierte, wer krank war und welche Frau schwanger war. Auch wenn wir Kinder etwas ausgeheckt hatten, blieb das nicht verborgen.

Der Laden sei so groß wie eine normale Stube gewesen. "Doch alles, was man damals brauchte, konnte man dort kaufen", sagt Tillmann. "Zwei Fenster hatte der Raum. In dem ersten standen Dreiring-Seifenpulver, Ata, Imi und Soda. Das zweite Fenster sah schon besser aus. Darin stand eine lange Reihe Bonbongläser: Brotbrocken, Rahmkamellen,Weinlutscher, Pfefferminzstangen, Anisbrocken, Lakritz und Liebesperlen." Unter den Fenstern hätten sich Körbe für Porree, Zwiebeln, Kartoffeln und Bündchen Ansteckholz für den Herdbefunden. Holzschuhe in allen Größen seien in einer Ecke aufgestapelt worden.

"Die schöne, große Theke war grau angestrichen und überall waren Nägel eingeschlagen. Daran hingen Strumpfhalter, Hosenträger, Kärtchen mit Knöpfen, Gummiband, Schuhriemen und Bürsten", schildert Christine Tillmann. Auf der Theke habe sich die Käseglocke befunden, daneben ein Käsehobel und die Tafelwaage mit vielen Gewichtssteinen. "Einige Kunden bezahlten freitags, wenn der Vater mit dem Lohntütchen nach Hause kam oder das Stempelgeld geholt hatte", erinnert sie sich. An der Wand hinter der Theke sei das große Regal mit vielen Schubladen voll Zucker, Salz, Reis, Nudeln, Gerste, Erbsen und Bohnen gewesen. Abgewogen hätte Oma alles in Tüten.

Die Kinder seien gerne zum Einkaufen gegangen: "Nichts auf der Welt erschien uns so schön wie so ein Laden", so Tillmann. Die Erwachsenen holten sich bei Oma, die eine verständnisvolle und kluge Frau gewesen sei mit dem Einkauf noch manchen guten Rat.

Omas Laden um 1930 - für Christine Tillmann ist er durch keinen Supermarkt zu ersetzen.

(sa)
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