Nettetal "Nettetaler Weg" zum Schutz der Kinder

Nettetal · Das Jugendamt der Stadt Nettetal und alle Schulen in der Stadt werden künftig kooperieren. Später sollen auch Verbände und Vereine in diese engere Zusammenarbeit einbezogen werden.

Die Lehrerin ist besorgt. Ein Junge in ihrer Klasse wirkt oft unausgeschlafen, er wechselt seine Kleidung nicht und wirkt insgesamt unsauber. Das geht nun schon seit längerer Zeit so. Vorsichtigen Fragen weicht er aus, es gelingt nicht, zu den Eltern Kontakt herzustellen. Nie ist jemand zu Hause, oder es geht niemand ans Telefon. Die Lehrerin entschließt sich, den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) beim Jugendamt einzuschalten.

Das ist der normale Weg für wache Lehrkräfte, die sich über ihren Bildungsauftrag hinaus um Kinder kümmern. Die Stadt Nettetal will hier künftig nichts mehr dem Zufall überlassen und möglichst früh aktiv werden, wenn der Schutz eines Kindes zur Disposition steht. Gestern unterzeichneten Vertreter aller Schulen in der Stadt eine Kooperationsvereinbarung mit dem städtischen Jugendamt. Unter der Überschrift "Gemeinsam stark im Jugendschutz" haben die Partner eine engere Zusammenarbeit vereinbart.

Den "Nettetaler Weg" beschrieb Bürgermeister Christian Wagner als Basis dafür, möglichst frühzeitig für den Schutz von Kindern einzustehen, präventiv zu handeln und die Schulen zu entlasten, damit sie sich wieder mehr auf ihren Bildungsauftrag konzentrieren können. Und natürlich geht es dabei auch um Kosten. Jugendamtsleiter Jochen Müntinga wies darauf hin, dass frühzeitige Beratung oder aktives Eingreifen das später oft außerordentlich kostenträchtige Aufarbeiten von bereits vollendeten Problemen verhindere.

Wagner und Müntinga dankten den Schulen dafür, dass sie den Prozess in vergleichsweise sehr kurzer Zeit ermöglicht hatten. Die Vereinbarung sei die logische Konsequenz daraus, dass das Jugendamt sich mit der Gründung zunächst um das Lebensalter von der Gburt bis zum Schuleintritt gekümmert habe. Nun folge im Kinderschutz der nächste Schritt in den Schulen selbst. Müntinga kündigte an, dass das Jugendamt diese Kooperation in nächster Zukunft mit Verbänden und vereinen fortsetzen will, um junge Menschen bis 18 Jahren möglichst umfassend begleiten zu können.

Für das Jugendamt hat Alina Krischer inzwischen zahlreiche Gespräche in den Schulen geführt. Sie ist die Ansprechpartnerin und in erster Linie Beraterin in einem zunächst anonymen Verfahren. "Wir wollen niemanden vorführen, und dabei können dann alle Dinge benannt werden, ohne dass gleich ein konkretes Kind oder konkret eine Familie benannt wird", unterstrich Müntinga. "Jeder weiß, was Kindeswohl-Gefährdung ist, aber jeder bewertet es auch anders", sagte er. Bestehe Handlungsbedarf, werde geklärt, ob der ASD einzuschalten sei und ob das Gespräch mit Eltern anberaumt wird. Alles soll möglichst im schulischen Rahmen geschehen, um einer möglichen Konfrontation die Schärfe zu nehmen

"Wir nehmen Ihre Ideen auf", versprach er den anwesenden Schulleitern. Die Vereinbarung sei keine Einbahnstraße. Alina Krischa berichtete, dass ihr schon eine ganze Reihe von Fragen, aber auch Ideen angetragen wurden.

(RP)
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