Ratschläge für Kinder und Eltern So reagieren Erzieher auf Vorfälle an Kitas in Nettetal

Nettetal · Die Kita Kinderreich war eine der Einrichtungen, vor denen eine psychisch Kranke jüngst Kinder angesprochen und mit Süßigkeiten gelockt hat. Wie die Erzieherinnen auf den Vorfall reagiert haben und was Experten Eltern raten.

 Die „Starke Kinder Kiste“ birgt ein Präventionsprogramm, mit dem die Kolleginnen von Birgit Domin und Christiane Inderhees in der Kita Kinderreich arbeiten.

Die „Starke Kinder Kiste“ birgt ein Präventionsprogramm, mit dem die Kolleginnen von Birgit Domin und Christiane Inderhees in der Kita Kinderreich arbeiten.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Die 44-jährige Frau, die kürzlich Jungen und Mädchen an mehreren Nettetaler Kindertagesstätten und vor der Gemeinschaftsgrundschule Lobberich angesprochen hat, ist per Gerichtsbeschluss in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden – sie sei wohl schizophren, befanden die Richter. Akute Gefahr geht also derzeit nicht mehr von der Frau aus. Doch wie können Eltern und Erzieherinnen Kinder auf ähnliche Situationen vorbereiten, in die sie – nicht nur vor Kitas oder Schulen – jederzeit geraten können?

„Starke Kinder Kiste“ heißt das Instrument mit pädagogischem Material für ein Präventionsprogramm, mit dem in der Kita Kinderreich zu diesem Zweck gearbeitet wird. Zwei Erzieherinnen, berichtet Kita-Leiterin Birgit Domin, haben eine besondere Schulung dafür gemacht. „Es geht darum, Kinder stark zu machen, damit sie den Mut haben, ihre Gefühle, Wünsche aber auch Abneigungen zu äußern“, sagt Domin. Will unter anderem auch heißen: Laut „Stop“ zu sagen oder um Hilfe zu rufen, wenn sich ein Kind von einem Erwachsenen bedrängt fühlt.

Die geistig verwirrte Frau war auch am Zaun der Kita Kinderreich aufgetaucht. „Sie hat Kinder zum Zaun gerufen und wollte ihnen Süßigkeiten geben“, berichtet Kita-Leiterin Birgit Domin. Erzieherinnen hätten den Annäherungsversuch bemerkt und die Frau aufgefordert zu gehen. Die Kita habe auch die Polizei informiert.

Mit den Kindern sei im regelmäßigen Morgenkreis über das richtige Verhalten gegenüber Fremden gesprochen worden, über Regeln wie beispielsweise: nicht zu Fremden an Autos gehen; keine Spielsachen oder Süßigkeiten annehmen, wenn die Eltern nicht dabei sind; sofort Erzieherinnen Bescheid sagen, wenn Fremde Kinder ansprechen. „Es ist aber auch wichtig, darüber unaufgeregt mit den Kindern zu sprechend und die Dinge nicht so zu vermitteln, dass man Panik erzeugt“, sagt Karina Saar, Kommunikations-referentin von Via Nobis, dem Träger der Kita Kinderreich.

Kinder stärken und ihnen Mut machen, zu Erwachsenen auch ,Nein‘ zu sagen, das hält auch Marlies Lauten-Caumanns für ein wichtiges Erziehungsziel. Die ehemalige Kita-Leiterin hat eine Ausbildung zur systemischen Familientherapeutin gemacht und arbeitet als Beraterin beim Kinderschutzbund Viersen. Sie hat weitere praktische Tipps, wie auch Eltern Kindern richtiges Verhalten für solche Situationen zu vermitteln: Eltern von Schulkindern können mit ihren Kindern den Schulweg gemeinsam abgehen und schauen, wo gibt es unterwegs Stellen, an denen sie sich im Notfall Hilfe holen können – das kann beispielsweise auch ein Geschäft sein. Fragt ein Erwachsener ein Kind nach dem Weg, sollte das Kind darauf nicht reagieren. „Denn Erwachsene können andere Erwachsene fragen, dazu brauchen sie kein Kind“, sagt Lauten-Caumanns.

Für den Fall, dass jemand behaupte, er sei von den Eltern geschickt worden, um das Kind abzuholen oder zu begleiten, empfiehlt Lauten-Caumanns: „Man kann mit dem Kind ein Code-Wort verabreden, das kein Fremder kennt.“ Kennt derjenige, der dem Kind begegnet, das Code-Wort nicht, weiß das Kind, dass es diesem Menschen nicht trauen darf. „Kinder sollten auch lernen, auf ihr Bauchgefühl zu hören“, sagt die Beraterin des Kinderschutzbunds.

Eltern können sich Bücher zu dem Thema besorgen, sie könnten aber auch Rat beim Kinderschutzbund, bei Jugendamt und anderen Beratungsstellen suchen, sagt Lauten-Caumanns. Der Viersener Kinderschutzbund bietet Hilfestellung auf unterschiedlichen Wegen an. Es gibt ein Elterntelefon, die Möglichkeit, Tipps und Ratschläge per E-Mail einzuholen, aber auch einen Termin für ein persönliches Gespräch zu vereinbaren. Eine Übersicht über all diese Angebote ist auf den Internetseiten des Kinderschutzbundes zu finden, dort sind auch detaillierte Kontakt-Informationen nachzulesen.

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