Sonja Herbrand ist in Nettetal Ansprechpartnerin Denkmalschützerin – auch ein Pflegeberuf

Nettetal · Es sind nicht nur Prachtbauten wie Schloss Krickenbeck, für die Sonja Herbrand seit gut einem Jahr in Nettetal zuständig ist. Sie auch Ansprechpartnerin für Eigentümer von Denkmälern, die beispielsweise eine Solaranlage aufs Dach bringen wollen.

 Auch Burg Ingenhoven gehört zu den Gebäuden, für die Sonja Herbrand als Denkmalschützerin bei der Stadt Nettetal zuständig ist.

Auch Burg Ingenhoven gehört zu den Gebäuden, für die Sonja Herbrand als Denkmalschützerin bei der Stadt Nettetal zuständig ist.

Foto: Holger Hintzen

Womöglich liegt es daran, dass Sonja Herbrands Eltern nicht nur kulturinteressiert, sondern auch geschickt waren. Wenn auf Reisen bedeutende Bauwerke zu besichtigen waren und Klein-Sonja brav mitzog, gab es hinterher oft ein Eis. Doch vielleicht wäre das Eis  gar nicht nötig gewesen. „Ich kann mich noch erinnern, als ich sechs oder sieben Jahre alt und mit meinen Eltern in Pompeji gewesen bin, fand ich die Mosaike da ganz toll“, erzählt die inzwischen 51-Jährige. Von dieser Begeisterung für Kulturgüter der Altvorderen profitiert heute die Stadt Nettetal.

Seit gut einem Jahr ist Sonja Herbrand für den Denkmalschutz in der Stadt zuständig und damit für aktuell etwa 215 Bau- und Bodendenkmäler. Die aus der Eifel stammende Wahl-Mönchengladbacherin ist unter anderem Ansprechpartnerin für Bürger, die ein Denkmal besitzen und erhalten wollen – was bei geplanten Baumaßnahmen nicht immer ohne Diskussionen geht.

Genehmigungen für Veränderungen betreffen in der Regel eher Gebäude und weniger Bodendenkmäler wie Landwehren, alte Wallanlagen oder Flachskuhlen, von denen es freilich etwa zwei Dutzend aktuell in der Nettetaler Denkmalliste gibt. Der Laie denkt bei Denkmälern eher an solche Prachtstücke wie Burg Ingenhoven, das Rittergut Altenhof, die Schaager Windmühle oder Schloss Krickenbeck – um mal wild einige herauszugreifen. Aber als professionelle Denkmalschützerin, die an der RWTH Aachen Baugeschichte mit dem Schwerpunkt Denkmalpflege studiert hat, darf Herbrand kein Objekt zugunsten von Hätschelkindern vernachlässigen – seien diese auch noch so hübsch. „Ich werte nicht, ob Bauernkate oder Schloss – alle Denkmale sind schützenswert“, sagt Herbrand.

Die Frage, was ein Denkmal ist und was nicht, wird von Experten des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) begutachtet, bei dem Ämter für Denkmal- und Bodendenkmalpflege angesiedelt sind. Ist ein Objekt zum Denkmal erklärt, ist die Stadt verpflichtet, es zu schützen.

Und das heißt unter anderem, dass Eigentümer von Denkmälern sich bei geplanten Änderungen mit den Behörden über Zulässigkeit und Art der zulässigen Änderung verständigen müssen. Auch dabei haben die Experten des LVR ein gewichtiges Wort mitzureden, auch dann, wenn nur neue Fenster eingebaut werden sollen.

Das geht nicht immer ohne Konflikte zwischen den Interessen des Eigentümers und denen des Denkmalschutzes ab. Für eine wachsende Zahl von Denkmalbesitzern, die auf ihren Gebäuden eine Photovoltaikanlage anbringen wollen, habe ein Erlass des NRW-Heimatministeriums im vergangenen Jahr schon einige Erleichterungen gebracht, sagt Herbrand. Doch ob Solaranlage, Renovierung oder andere Baumaßnahmen: „Ich versuche aber immer, eine Lösung zu finden“, sagt Herbrand, „denn wenn wir so hohe Auflagen machen, dass ein Gebäude am Ende nicht mehr nutzbar ist und leer steht, haben wir für das Denkmal auch nichts gewonnen.“

Zumal Eigentümer von Denkmälern auch Zuschüsse bekommen können – bei kleineren Maßnahmen kann darüber die Stadt entscheiden, die dafür Gelder vom Land Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt bekommt. Bei teureren Projekten ist die Bezirksregierung in Düsseldorf im Boot und verteilt Geld.

Umbaumaßnahmen, wie etwa zurzeit an Burg Ingenhoven sind für Herbrand auch immer gute Gelegenheiten, den Zustand eines Denkmals in Augenschein zu nehmen, sich ein genaues Bild von der Bauweise zu machen und aus den Erkenntnissen Maßnahmen zu entwickeln, die dem weiteren Erhalt und dem Schutz dienen können.

Die Arbeit vor Ort oder die Suche nach alten Dokumenten im Kreisarchiv macht ihr offenbar Spaß. Zumindest klingt Enthusiasmus in ihrer Stimme auf, wenn sie über sich sagt: „Ich bin keine Schreibtischtäterin.“ Ein bisschen Pompeji scheint Herbrand also auch in Nettetal zu entdecken.

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