Alte Kirche Erinnerungen aus 50 Jahren Alte Kirche

Lobberich · Dieses Gotteshaus ist anders: Es gab dort schon früh Messdienerinnen, bei der Kommunion werden Brot und Wein ausgeteilt. In einer Festmesse blickten viele Besucher auf die turbulente Geschichte der Kirche zurück

 Pfarrer Ulrich Clancett hielt die Festmesse in der Alten Kirche. Er stammt aus Lobberich.

Pfarrer Ulrich Clancett hielt die Festmesse in der Alten Kirche. Er stammt aus Lobberich.

Foto: Knappe, Jšrg (jkn)

Unter dem Motto „Zurück in die Zukunft“ lud der Arbeitskreis „Alte Kirche Lobberich“ zur Festmesse ein, mit der man die 50 Jahre Messe in der Alten Kirche feierte. Viele waren gekommen. Und es war wie immer in dieser Kirche: Die Messe folgte einem eigenen Rhythmus. Sie begann mit einem Lichtbild-Rückblick.

Der in Lobberich geborene Pfarrer Ulrich Clancett, der die Messe hielt, erinnerte sich an seine ersten Eindrücke als Kind: „Nach der Weihnachtsmesse im großen Dom ging ich noch in eine zweite Messe in der Alten Kirche, denn hier fand man Ruhe. Hier rückte man zusammen, hier kam es auf das Wesentliche an, hier war freies Denken.“ In der Alten Kirche feierte man die Messen anders, man lehnte sich auf, so Clancett. So waren hier sehr viele Frauen aktiv: Mädchen wurden als Messdienerinnen eingesetzt, und es wurde die Kommunion in beiderlei Gestalt (Brot und Wein) ausgeteilt, was bis heute geblieben ist.

Unvergessen ist für den Pfarrer eine Messe in den 1990er Jahren. In einer Fürbitte wurde dafür gebetet, dass Frauen in den kirchlichen Dienst kommen. Deutlich sei darauf von einer Person die Antwort gekommen: „Wir bitten Dich, überhöre uns!“

Mit dem Jüchener Pfarrer Ulrich Clancett und dem heutigen Nettetaler Pfarrer Ansgar Falk gestalteten zwei frühere Kapläne die Festmesse: der heute 86-jährige Pfarrer Bernhard Stommel aus Aachen, ein Urgestein der Pfarre, der schon 1968 dabei war, sowie Pater Elias – Kaplan Karl-Heinz Stoffels – aus Maria Laach.

Bis heute hat sich das Besondere in der Kirche gehalten. Schwungvolle Lieder des Chores der Alten Kirche, den Tonscherben unter Leitung von Barbara Bruns, und die Atmosphäre der „unfertigen“ Kirche ließen eine ungezwungene Stimmung entstehen. Dazu passten auch die vom Mitorganisator Dietmar Sagel eingeholten Antworten von Besuchern auf die Frage: „Was fällt Ihnen zu 50 Jahren Alte Kirche ein?“

Hans-Jürgen Boyxen und Heinz Hauertz hatten es nach Jahrzehnten noch vor Augen: Einem jungen konservativen Kaplan war die gewohnte Agape – Liebesmahl, das Zusammensein mit Brot und Wein im Anschluss an die Messe im Kirchenraum – ein Dorn im Auge. Also kündigte er an, dass die Agape ausfiele. Ein lautes „Nein“ erscholl aus dem Kreis der Besucher, und Besucher gingen ans Mikrofon, um ihren Protest zu verkünden. Das Ergebnis: Erstmals gab es keinen Schlusssegen. Doch bis heute fand und findet die Agape in der Alten Kirche statt.

Die Griechin Wulla Malliaridou erzählte, dass sie in der Alten Kirche 1983 nach griechisch-orthodoxem Ritus geheiratet habe. „Hier herrschte wirkliche Ökumene.“ Sagel erinnerte daran, dass bei diesen Messen oft der Kern für spätere Institutionen gelegt wurde, zum Beispiel zur Gründung der Amnesty-Zweigstelle Nettetal. Der Dank aller galt insbesondere dem damaligen Theologiestudenten und späteren Pfarrer Klaus Dors, der 1968 die Initiative zur Freilegung des Kirchen-Inneren ergriff und die Pfarrjugend dafür begeistern konnte. Da sich zu der Zeit französische Jugendliche in Lobberich aufhielten und halfen, war es gleichzeitig eine Aktion zur Völkerverständigung.

Im Anschluss an die Messe dankte der Vorsitzende des Lobbericher Verkehrs- und Verschönerungsvereins (VVV), Christian Weisbrich, allen Beteiligten, die in den vergangenen 50 Jahren zum Erhalt der Alten Kirche beigetragen haben. Auf Beschluss des Vorstandes wurde dem Arbeitskreis der Ehrenpreis des VVV, „Der Wenkbühl“, überreicht, den der Koordinator Bastian Rütten und Marianne Hauertz, Mitarbeiterin der ersten Stunde, in Empfang nahmen.

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