Prozess vor dem Landgericht Krefeld Scheinselbständigkeit als Sozialbetrug verurteilt

Nettetal/Krefeld · Am Landgericht Krefeld sind die Urteile gegen drei Beschuldigte aus Nettetal gefallen: Es gab zwei hohe Geldbußen, eine Bewährungsstrafe und einen Freispruch.

 Im Landgericht Krefeld wurde das Urteil gegen die drei verbliebenen Angeklagten gefällt.

Im Landgericht Krefeld wurde das Urteil gegen die drei verbliebenen Angeklagten gefällt.

Foto: Samla Fotoagentur/samla.de

Am Krefelder Landgericht, 4. Große Strafkammer (als Wirtschaftskammer) sind jetzt die Urteile gegen die verbliebenen drei – von ursprünglich fünf Beschuldigten – rumänischen und mazedonischen Staatsangehörigen aus Nettetal gefallen. Die 36-jährige Hauptangeklagte erhielt wegen Veruntreuung von Arbeitsentgelt in 28 Fällen eine Bewährungsstrafe in Höhe von zwei Jahren. Zudem muss sie 12.000 Euro an die Staatskasse zahlen. Hinzu kommt ein „festgestellter Schaden“ in Höhe von rund 276.000 Euro, der eingezogen wird.

Der 56-jährige Hauptangeklagte muss wegen Veruntreuung von Arbeitsentgelt in 15 Fällen 120 Tagessätze à 100 Euro an die Staatskasse zahlen. Außerdem werden bei ihm rund 4500 Euro eingezogen. Die dritte Angeklagte – ihr war Beihilfe zur Veruntreuung von Arbeitsentgelt vorgeworfen worden – wurde indes freigesprochen.

Zum Hintergrund: Bei den nun Verurteilten handelt es sich um die beiden Geschäftsführer und eine Angestellte zweier Nettetaler Firmen, in denen Kleidung aufgearbeitet wurde. Die dort tätigen Frauen wurden als Selbstständige oder Kurzarbeiterinnen ausgegeben, obwohl es sich, so der Vorwurf, um fest angestellte Arbeiterinnen handelte. Weil sie nicht ordnungsgemäß beim Sozialversicherungsträger gemeldet waren, entstand diesen Stellen ein erheblicher Schaden.

Die Kammer blieb bei den Urteilen deutlich unter den Forderungen der Staatsanwältin. Sie hatte in ihrem Plädoyer für die beiden Hauptangeklagten Freiheitsstrafen in Höhen von vier beziehungsweise drei Jahren gefordert. Alle drei Verteidiger hatten indes jeweils auf „Freispruch“ für ihre Mandanten plädiert.

Die Vorsitzende Richterin erklärte, dass die bei den beiden Nettetaler Firmen tätigen Frauen keinesfalls Selbstständige oder Gesellschafterinnen waren, denn: „Sie durften keine eigenen Entscheidungen treffen, konnten auch nicht mitbestimmen und wurden kontrolliert.“

Zudem sehe es die Kammer als erwiesen an, dass die 36-Jährige die Geschäftsführerin der Firmen gewesen sei, da sie unter anderem die Arbeiterinnen in Empfang genommen und ihnen Wohnungen zugewiesen habe sowie deren Ansprechpartnerin gewesen sei.

Der 56-jährige Beschuldigte habe hingegen keine Anweisungen erteilt, sondern die Frauen zum Beispiel zur Arbeit gefahren. „Er scheint für die Logistik verantwortlich gewesen zu sein“, ergänzte die Vorsitzende. Die dritte Angeklagte „wusste über Internes“ Bescheid, wobei unklar geblieben sei, „wieviel“. Irgendeine Form von „Chef-Tätigkeit“ habe sie jedoch nicht ausgeübt.

Strafmildernd wertete die Kammer die Tatsachen, dass die Beschuldigten zuvor nie straffällig geworden seien und dass die Taten länger zurücklägen.

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