Wettbewerb für Autoren Rekordbeteiligung beim Nettetaler Literaturpreis
Nettetal · Und noch eine Wahl: Beim Nettetaler Literaturpreis gibt es neben dem Preisträger der Jury noch einen Publikumspreis. Jetzt ist Endspurt.
Das wunderbare Spiegelzelt stünde jetzt auf dem Lambertiplatz. Am Samstagabend hätte dort Konrad Beikircher über Don Camillo und Peppone parliert und am Dienstag hätte Ex-Bundespräsident Joachim Gauck dem Jubiläum, 25 Jahre Nettetaler Literaturtage, Glanz verliehen. Aber dann kam Corona und fast alles wurde abgesagt. Nicht alles: der Literaturwettbewerb der Stadt Nettetal wurde durchgeführt. Nur dass die Preisverleihung nicht im Spiegelzelt in Breyell, sondern in der Alten Kirche in Lobberich stattfinden wird. Für die Preisverleihung durch Bürgermeister Christian Wagner (CDU) um 16 Uhr in der Alten Kirche erhält man in der Stadtbücherei kostenlose Eintrittskarten – die Plätze sind wegen der Corona-Hygienemaßnahmen begrenzt.
Im Jubiläumsjahr der Stadt Nettetal ist es der 13. Literaturwettbewerb. Und es haben so viele Autoren mitgemacht wie noch nie. Während sonst durchschnittlich hundert Einsendungen kamen, reichten in diesem Jahr 154 Autoren aus ganz NRW Manuskripte ein. Ulrich Schmitter, Leiter der Stadtbücherei, betont, dass wirklich jede Ecke von NRW vertreten sei, besonders viele in diesem Jahr aus Westfalen. Die 154 Arbeiten stammen von 84 Frauen und 70 Männern. In den drei letzten Tagen vor Einsendeschluss kamen noch ganz viele Arbeiten. Vorher waren erst 70 Arbeiten eingegangen,
Die 154 Manuskripte wurden von drei Juroren gesichtet. Zur Jury gehören Maren Jungclaus vom Literaturbüro NRW in Düsseldorf, Andrea Rings, Autorin und Leiterin von Schreibwerkstätten aus Mönchengladbach, und der Schriftsteller und Redakteur Andreas Séché aus Brüggen. Sie haben am 11. Juli den Preisträger oder die Preisträgerin und drei weitere Kandidaten bestimmt, für die jetzt der Publikumspreis vergeben werden soll. Schnell hatten sich die drei Juroren auf zehn beste Texte geeinigt. Dann, so Ulrich Schmitter, hätten die Juroren lange um den Sieger oder die Siegerin gerungen. Es sei lange hin und hergegangen, letztlich fiel die Entscheidung einstimmig. Alle vier Autoren stellen ihre Wettbewerbstexte im Rahmen einer Lesung bei der Preisverleihung am 20. September vor. Anschließend wird der mit 1500 Euro dotierte Literaturpreis verliehen, gefolgt vom Publikumspreis von 500 Euro.
Für den Publikumspreis hat die Stadtbücherei eine kleine Broschüre erstellt, in der alle vier kurzen Textabschnitte abgedruckt sind. Sie liegt in der Stadtbücherei aus und kann auch zugeschickt werden (Telefon 02153 72031). Von der Jury wurden vier Kandidaten nominiert: die Autoren sind Gisela Hinsberger aus Würselen, Kevin Kader aus Köln, Kerstin Nethövel aus Essen und Amir Sheheen, ebenfalls aus Köln.
Ihre vier eingesandten Manuskripte sind inhaltlich wie stilistisch höchst unterschiedlich. Gisela Hinsberger beschreibt in ihrem Text „wie atmen“ die verworrenen Reaktionen eines Mannes, der gerade eine tödliche Diagnose erhalten hat. Kevin Kader schildert in „Platzhirsche“ die Verhaltensmuster und Interaktion in einer Gruppe von vier jungen Freunden. Ganz nah an Corona ist Kerstin Nethövel. In „Wrong Planet“ schreibt sie über einen jungen Eigenbrötler, der keine Nähe von anderen verträgt. In Zeiten von „Social distancing“ lebt er auf. Amir Shaheen versetzt sich in „Play“ in die Gefühlswelt eines Mannes, dessen Ehe gescheitert ist. Die Umzugskartons in der neuen Wohnung sind nicht ausgepackt, die neue Umgebung noch unbekannt.
Wagner erinnert sich, dass sein Amtskollege aus der polnischen Partnerstadt Elk 2013 im Spiegelzelt dabei war und so begeistert vom Wettbewerb war, dass er ihn nach Polen exportierte. In Elk gibt es seit 2015 den Siegfried-Lenz-Literaturpreis. Damit erinnert der Ort an den dort geborenen deutschen Autoren Siegfried Lenz („Deutschstunde“).