Hilfsorganisation aus Nettetal Hisbollah blockiert Hilfe für Beirut

Nettetal · Zwischen Nettetal und Beirut wird jede Menge telefoniert. Die Hilfsorganisation Human plus sucht eine Lösung, einen Container mit Hilfsgütern nach Beirut zu schicken. Eine Zusammenarbeit mit der Hisbollah wird abgelehnt.

 Human-plus-Vorsitzender Anestis Ioannidis verlädt im Juli Paletten mit Nahrungsmitteln in einen türkischen Sattelschlepper, der anschließend die Hilfslieferung in den Norden Syriens brachte.

Human-plus-Vorsitzender Anestis Ioannidis verlädt im Juli Paletten mit Nahrungsmitteln in einen türkischen Sattelschlepper, der anschließend die Hilfslieferung in den Norden Syriens brachte.

Foto: Heribert Brinkmann

Der Container mit Hilfsgütern für Beirut sollte schon längst auf dem Weg zum Mittelmeer sein. Aber die Kontaktleute der Nettetaler Hilfsorganisation Human plus vor Ort in Beirut gaben noch kein grünes Licht. Im Gespräch mit Anestis Ioannidis, dem Vorsitzenden von Human plus, wird der Grund klar: Die Hisbollah hat beim Hafen zur Bedingung gemacht, die Hilfslieferung selber verteilen zu wollen oder zumindest einen Teil einzubehalten. Das lehnt Ioannidis ab. Er will nicht mit der Hisbollah zusammenarbeiten und außerdem die Kontrolle über die Verteilung durch Vertrauensleute vor Ort behalten.

Die Hisbollah ist eine islamistisch-schiitische Partei und Miliz im Libanon. Die Hisbollah ist in Deutschland verboten, vor allem der paramilitärische Arm der Organisation wird in der EU als terroristische Vereinigung angesehen. Die Hisbollah entstand 1982 beim Widerstand gegen die israelische Invasion im Südlibanon. Bis heute verübt die Hisbollah immer wieder Anschläge auf die israelische Armee. Die Hisbollah hat sich aber auch zu einem sozialen und politischen Machtfaktor entwickelt. Sie gründete Kliniken, Apotheken, Sportanlagen und unterstützt bedürftige Schiiten. Das brachte der Hisbollah viel Zustimmung und Mitglieder ein. Seit 1992 ist die Hisbollah auch in der libanesischen Nationalversammlung vertreten. Nach den Wahlen 2018 stellt sie etwa zehn Prozent der Abgeordneten. Die Hisbollah wird vom Iran unterstützt.

Anestis Ioannidis hat in den vergangenen Tagen sehr viel telefoniert. Jetzt ist er zuversichtlich, dass eine andere Lösung gefunden werden kann und in den nächsten Tagen der Container bepackt werden kann. Ein Lkw mit Fährüberfahrt wäre in fünf Tagen am Ziel, der Transport kostete aber dreimal so viel wie ein Container auf einem Schiff. Zum Beiruter Hafen gehen ständig Schiffe, die Frage ist nur, von welchem Hafen aus. Wenn der Container in Nettetal beladen wird, ist noch nicht klar, ob er in Rotterdam oder in Italien aufs Schiff kommt. Ioannidis bleibt da ganz gelassen. Per Schiff dauert die Reise je nach Route bis zu drei Wochen.

Auf jeden Fall sind die bestellten Hilfsgüter schon zusammen. Insgesamt hat die Hilfslieferung einen Wert von 72.500 Euro und ist 24.750 kg schwer. Gepackt sind vier Paletten mit 450 Decken, fünf Paletten mit jeweils 20 Kartons Textilien, insgesamt 3000 Teile. Dazu kommt eine Palette mit 648 Tellern, eine Schenkung. Fünf Paletten enthalten gemischte Verbandstoffe für Notfälle. Den größten Teil machen die 48 Paletten mit Babynahrung aus.

Anlass für die Hilfslieferung war die furchtbare Explosion am 4. August im Hafen, die für viele Schäden an Gebäuden in Hafennähe sorgte und viele Menschen obdachlos machte. Human plus erreichte bereits eine Anfrage nach alten Fenstern und Türen, die für die Reparatur der beschädigten Häuser in Beirut gebraucht würden. Ioannidis schiebt das auf eine spätere Lieferung. Lebensmittel und Verbandsmaterial seien aktuell dringlicher.

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