Denkmäler in Nettetal Dieses Haus überstand 30-jährigen Krieg

Serie | Hinsbeck · Das Hinsbecker Pastorat ist mehr als 400 Jahre alt. Sein erster Bewohner wurde ermordet. Heute steht es unter Denkmalschutz und ist Schmuckstück des Ortes.

 Ein Postkarten-Motiv von 1960: So sah das Hinsbecker Pastorat aus, bevor es wenige Jahre später zum Erhalt und aus Sicherheitsgründen umfassend renoviert wurde.

Ein Postkarten-Motiv von 1960: So sah das Hinsbecker Pastorat aus, bevor es wenige Jahre später zum Erhalt und aus Sicherheitsgründen umfassend renoviert wurde.

Foto: Archiv Heinz Koch

Nach einer Urkunde im Hinsbecker Pfarrarchiv vom 26. Dezember 1627 wurde das Wohnhaus des Pastorats im Jahre 1597 erstellt und ist damit das älteste Haus Hinsbecks. Es wurde in der Zeit des Pfarrers Arnold Gansmalt erbaut, der von 1568 bis 1599 Pfarrer in Hinsbeck war. Leider ereilte den ersten Bewohner des Pastorats ein schlimmes Schicksal. Er wurde 1599 „auf der Straße nach Köln von Soldaten“ ermordet, heißt es in einem alten Dokument.

Die beiden seitlichen Scheunen wurden 1609 in der Zeit von Pfarrer Henricus Veltmann erstellt, der von 1604 bis 1629 Pfarrer in Hinsbeck war. Um diese U-förmige Hofanlage herum befand sich ein großer Nutzgarten mit einem Obstbongert, der durch Mauern von dem Pastorat abgetrennt war. Der sogenannte „Wedemhof“ diente der Selbstversorgung des Pastorats, wozu dem Pfarrer einige Knechte zur Verfügung standen.

Über die Zeit zwischen 1627 und dem Ende des Zweiten Weltkriegs gibt es nur wenige Angaben zum Pastorat. Nach einer Landkarte von 1812 wurde die östliche Scheune Ende des 18. Jahrhunderts abgebrochen und durch eine Mauer ersetzt. Die restliche Hofanlage blieb unverändert. Zum Antritt des neuen Pfarrers Bernhard Ansems (amtierend von 1898 bis 1919), wurde das Pastorat renoviert. Dazu erhielt das Wohnhaus 1903 Gaslicht mit Gas aus der Hinsbecker Acetylen-Gasanlage, das 1919 in eine elektrische Lichtanlage geändert wurde.

Das Pastorat kam unbeschadet durch den Zweiten Weltkrieg. Vom Juli 1946 bis Ende 1954 bezogen Flüchtlinge die oberen Etagen des Wohnhauses. Die Bausubstanz war insbesondere auf Grund von Feuchtigkeit stark angegriffen. Für die Renovierungen galt, dass aus denkmalpflegerischer Sicht „die Erhaltung des Außenbildes von entscheidender Bedeutung, während im Inneren zum Beispiel das Einziehen von Eisenbetondecken“ unbedenklich sei. Vom Frühjahr 1956 bis März 1957 wurde das Wohnhaus renoviert. Dabei blieb das Äußere im historischen Ambiente erhalten, das Innere modernisiert. Das Untergeschoss erhielt ein Pfarrbüro, ein geräumiges Sprechzimmer und einem großen Versammlungsraum. Im März 1957 zog Pfarrer Arnold Rulands wieder in das Pastorat ein.

Auch die Scheune, insbesondere der straßenseitige Giebel, sowie die Umfassungsmauern waren in einem extrem schlechten Zustand. 1965 begannen erste Planungen. Die Dringlichkeit zeigte sich bei einem Unfall in Leuth, bei dem ein sechsjähriges Kind durch den Einsturz baufälliger Mauerteile am dortigen Pastorat zu Tode kam. Da auch an der Hinsbecker Pastoratsmauer täglich fast 500 Kinder auf dem Weg zur Schule vorbei gingen, musste schnell gehandelt werden. Bei der Niederlegung der Umfassungsmauern brach während bei der Entfernung des Efeus die gesamte Mauerkrone ab. Im Frühjahr 1968 war die Umgebungsmauer einschließlich des Zugangs neu erstellt.

Das Pastorat in jüngerer Zeit nach der aufwendigen Renovierung: ein Schmuckstück von Hinsbeck.

Das Pastorat in jüngerer Zeit nach der aufwendigen Renovierung: ein Schmuckstück von Hinsbeck.

Foto: Heinz Koch

Dann folgte die Scheune, bei der der Giebel schon schräg stand. Nach kontroversen Diskussionen – der Kirchenvorstand wollte die Scheune abbrechen lassen und ein neues Gebäude erstellen – setzte Pfarrer Arnold Rulands seine Meinung beim Bistum Aachen durch: Mauer und Scheune blieben erhalten. Dafür setzte sich auch der Landeskonservator ein, indem er anordnete, dass diese „einzigartige Hofanlage, die wohl das letzte historische Gebäude Hinsbecks darstellt, erhalten und in der alten Form renoviert“ werden müsse.

Im Frühjahr 1971 begann man mit der Renovierung der Scheune. Der straßenseitige Giebel wurde zurückverlegt, sodass der bisher nur 0,75 Meter breite Bürgersteig auf zwei Meter verbreitert werden konnte. In den früheren Stallungen wurden eine Garage sowie Lagerräume für kirchliche Gerätschaften erstellt. Zum Abschluss folgte der Einbau von zwei offenen, schmiedeeisernen Gittertoren als Toreinfahrt statt der vorherigen Holztore. Im Sommer 1971 wurde nach sechs Jahren auch die Renovierung von Scheune und Mauer abgeschlossen.

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