Bade- und Schwimmvergnügen in Nettetal Als Hinsbeck noch ein Strandbad hatte

Nettetal-Hinsbeck · Baden im See, in der freien Natur – damit lockte der Ort einst Gäste an. Am Hinsbecker Bruch entstand um 1900 eine Badeanstalt. Sie wuchs und hatte über Jahrzehnte großen Erfolg. Ein Blick zurück auf Opas Bade-Kultur – und ihr Ende.

 Die Badeanstalt, circa 1940: Wer ein bisschen Mut aufbrachte, konnte vom Steg einen Sprung in Wasser wagen.

Die Badeanstalt, circa 1940: Wer ein bisschen Mut aufbrachte, konnte vom Steg einen Sprung in Wasser wagen.

Foto: VVV Hinsbeck

Hinsbeck blieb bis Ende des 19. Jahrhunderts bedingt durch die Krickenbecker Seen von den wichtigsten Verkehrsverbindungen abgeschnitten und damit ohne Industrie. Der Ort blieb ländlich, die Umgebung naturbelassen. Dieses Pfund stellte die Gemeinde daher um 1900 in den Vordergrund ihrer Bemühungen um erhöhte Einnahmen.

Eine der ersten Aktionen, die die Gemeinde gemeinsam mit dem 1907 gegründeten VVV Hinsbeck durchführte: Wanderwege mit Raststellen wurden angelegt und die  Badeanstalt am Hinsbecker Bruch ausgebaut. Schon 1902 wurde ein mit Schilf abgedecktes, circa 2,5 Meter großes rundes Häuschen zum Aus- und Ankleiden errichtet. Auf der Heide wurde in der Nähe der früher als Galgenberg bezeichneten Stelle eine Trinkhalle aufgestellt. Mit dem Ersten Weltkrieg ging jedoch alles verloren.

So sah die Badeanstalt am Hinsbecker Bruch im Jahr 1935 aus.

So sah die Badeanstalt am Hinsbecker Bruch im Jahr 1935 aus.

Foto: VVV Hinsbeck/VVV HInsbeck

Doch die Hinsbecker gaben nicht auf. Im Mai 1925 baute der ortsansässige Schreiner Heinrich Schatten eine weitere, größere Badeanstalt: ein circa zwölf mal drei Meter großes Holzgebäude mit zehn Umkleidekabinen sowie Laufstegen ins Wasser. Das Außengelände wurde durch eine Palisadenwand in Bereiche für Frauen und Männer unterteilt.

Der Aufwand lohnte sich: Da sich die Anzahl der Badenden bis 1931 etwa verdoppelte, musste die Anstalt vergrößert werden. Drei Jahre später hatten sich die Besucherzahlen wiederum verdoppelt, sodass die Anstalt 1935 erneut erweitert werden musste. Zwischen 1925 und 1935 stieg die Zahl der Badenden von circa 3.780 auf rund 25.000. Da es keine Verpflegung für die zahlreichen Besucher gab, pachtete 1932 die Witwe Gerhard Delißen, Besitzerin des in der Nähe liegenden Restaurants Forsthaus, ein an die Badeanstalt grenzendes Gelände und richtete dort eine kleine Sitzfläche mit Ausschank ein. Mit dem Zweiten Weltkrieg endeten diese Aktivitäten.

Nach dem Krieg ließ der VVV Hinsbeck die Badeanstalt vom Hinsbecker Unternehmer August Kreiten im gleichen Stil wiederaufbauen, wobei der bisherige Holzbau als Betonbau mit 40 Kabinen ausgeführt wurde. Nach der Eröffnung 1949 mit einem Wasserballturnier, Schwimmwettkämpfen und großem Feuerwerk begann Kreiten, der die Leitung der Badeanstalt übernommen hatte, den Bau eines Restaurationsgebäudes, das 1952 eröffnet wurde. Pächter wurde August Kreiten selbst.

Strandbar, Kinderbecken und Sandfläche 2007: In diesem Jahr übernahm Sascha Peltzer in dritter Generation die Gastronomie.

Strandbar, Kinderbecken und Sandfläche 2007: In diesem Jahr übernahm Sascha Peltzer in dritter Generation die Gastronomie.

Foto: Busch, Franz-Heinrich (bsen)/Busch, Franz Heinrich (bsen)

1967 wurde die Badeanstalt um etwa 50 Prozent vergrößert und ein neues Umkleidegebäude gebaut. Auch das Restaurationsgebäude wurde umgebaut, um einen Gesellschaftsraum erweitert und modernisiert. Neue Pächter wurden 1968 Grete und Karl Peltzer. Der Zustrom der Gäste war so groß, dass schon 1970 ein weiteres Gesellschaftszimmer angebaut werden musste.

Nach dem Tod von Karl Peltzer übernahmen 1979 der Sohn Karl-Peter Peltzer und Willi Leinweber das Restaurant, zunächst in Pacht, 1984 wurde es erworben. In dieser Zeit hatte das Haus immer wieder prominenten Besuch, zum Beispiel von Rudi Carell und Willi Millowitsch. 1986 fungierte TV-Moderator Wim Thoelke bei der Wiedereröffnung nach einer Vergrößerung als Conférencier. Weitere Vergrößerungen gab es 1992 mit dem Anbau eines Gesellschaftszimmers für bis zu 250 Besucher. Seit 2007 führt nun in dritter Generation der Sohn Sascha Peltzer das Restaurant.

Die Nutzung des Strandbades war schon Ende der 1980-er Jahre stark rückläufig. Daher wurde 1993 ein Seitenflügel in ein „Besucher- und Informationszentrum“ für die 1988 gegründete „Biologische Station Krickenbecker Seen“ umgewandelt, dass drei Jahre später eröffnet wurde. Dieses Zentrum erwies sich schnell als viel besuchter Mittelpunkt des Naturschutzgebietes Maas-Schwalm-Nette, was es bis heute geblieben ist. Das Schwimmbad ist seit Längerem geschlossen.

Zwischen 2003 und 2005 wurde das Infozentrum aus Mitteln des Euroga-2002plus-Projektes erweitert und in den heutigen Zustand umgebaut. Einladend wirkt das großzügige, rundum verglaste Foyer des Infozentrums, welches sich zum Parkplatz hin öffnet und den Gast zum Besuch einlädt. Inzwischen zählt das Zentrum rund 35.000 Besucher pro Jahr. Stark besuchter Mittelpunkt ist der circa 31 Meter lange Aussichtssteg. Von dort schweift der Blick übers Wasser des Hinsbecker Bruchs.

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