Dinçer Güçyeter in Nettetal Buchpreis-Kandidat weint Freudentränen nach Lesung
Nettetal · Dinçer Güçyeter ist für den Preis der Leipziger Buchmesse vorgeschlagen. Der Lobbericher las jetzt in seiner Heimatstadt. Für ihn war es ein sehr emotionales Ereignis.
Es war ein grandioses Heimspiel: Der in Lobberich geborene Lyriker Dinçer Güçyeter las auf Einladung des Vereins Nettetaler Literaturtage in der Alten Kirche. Die Lesung war ausverkauft, rund 175 Besucher kamen. Alle wollten den Mann live erleben, der es mit seinem ersten Roman „Unser Deutschlandmärchen“ in die Shortliste für den Buchpreis der Leipziger Buchmesse geschafft hat. Güçyeter bleibt jedoch gelassen. Ob er den Preis erhält oder nicht, sieht er ganz entspannt. Der Roman ist jetzt schon ein Erfolg. Er soll 2024 bei Fischer als Taschenbuch erscheinen.
Dinçers Familie saß bei der Lesung in der ersten Reihe, ebenso sein väterlicher Dichterkollege und Lektor Wolfgang Schiffer, und der Buchhändler Hans K. Matussek, Vater von Fabian Matussek. 1994, als Güçyeters Mutter Fatma auf der Intensivstation lag, empfahl Matussek ihm das Buch „Unterm Rad“ von Hermann Hesse. Dafür ist der Dichter ihm noch heute dankbar. Ulrich Schmitter, der schon 2006 eine Lyrik-Lesung mit ihm in der Stadtbibliothek organisiert hatte, führte in die Lesung ein. Auch der neue Vereinsvorsitzende Martin Winzen stellte sich vor.
Als Moderator gelang es Fabian Matussek im ersten Teil sehr gut, den Menschen hinter dem Buch vorzustellen. Wie sehr diese Lesung den Dichter bewegt hat, zeigt sein Post am nächsten Morgen bei Facebook: „Hab in der Nacht lange aus Freude geheult, ich danke euch allen.“
Seit er für seinen Gedichtband „Mein Prinz, ich bin das Ghetto“ den Peter-Huchel-Preis für Lyrik erhalten hat, wurde seine Welt auf den Kopf gestellt. Interviews, TV-Teams, Lesungen in der ganzen Republik, Artikel in allen großen Zeitungen. Bis zum Ende des Jahres geht es so weiter. Dann hat er sich eine Pause verordnet, er will sich wieder mehr um seinen eigenen Elif-Verlag kümmern und hat Pläne für neue Bücher im Kopf.
Der Roman „Unser Deutschlandmärchen“ erzählt vor allem die Geschichte seiner Mutter Fatma, die als Gastarbeiterin in den 1960-er Jahren nach Deutschland kommt und bei Pierburg und auf den Spargelfeldern hart arbeitet, während der Vater eine Kneipe betreibt. Für seine Lesung in Lobberich hatte Dinçer sich eine Überraschung ausgedacht: Aus seiner Theatergruppe waren die Schauspielerinnen Fatos Iyigüven, Filiz Karadag und Gül Emekef-Karakoyun gekommen. So wurden die Texte aus dem Buch plötzlich lebendig, erhielten auf Türkisch eine besondere Authentizität. Am Ende Güçyeter seinen Sohn Yilmaz (11) auf die Bühne, um den letzten Text gemeinsam mit ihm zu lesen.