Nettetal Neidischer Blick über den Zaun

Nettetal · Das schnelle Internet lässt weiter auf sich warten. Das Kurs 21-Grenzlandgespräch der Kreis-VHS in Zusammenarbeit mit der Rheinischen Post war eher ernüchternd. Auf dem Land bleiben weiße Flecken.

Der Übergang zwischen Internet-Wüste und Internet-Paradies ist sehr abrupt. Bei uns ist die Wüste. Viele weiße Flecken zieren gerade in ländlichen Bereichen — und von denen gibt es im Kreis Viersen reichlich — die DSL-Landkarte. Über schwache oder komplett fehlende Breitbandverbindungen klagen nicht nur Schüler und Privatleute, sondern auch Selbstständige und Unternehmen.

Der Garten Eden ist jenseits der Grenze zu bestaunen: In den Niederladen haben fast alle Haushalte Zugang zu superschnellem Internet. Die Zielvorgabe der Europäischen Union, dass alle Europäer bis 2020 über einen 30 Megabit-Zugang verfügen sollen, "ist bei uns schon Realität". Fast beiläufig sagt Jos Derkx das. Zu verdanken ist das dem umfassenden Ausbau des Kabelfernseh-Netzes. Positiver Nebeneffekt: Es ermöglicht auch Internetverbindungen.

Derkx ist Geschäftsführer des Internet-Dienstleisters Systemec BV. Die Herausforderung für sein Unternehmen ist es eher, für Unternehmen noch schnellere Internetverbindungen bereitzustellen. Internationale Firmen, die sich in Venlo niederlassen wollen, machen das davon abhängig, ob sie Bandbreiten von 100 Megabit und mehr erhalten. Gemessen daran leben im Kreis Viersen gerade die ländlichen Bereiche in der Steinzeit.

Das Kupfernetz, das in unseren Breiten Haushalte mit Telefon und Internet versorgt, "ist 100 Jahre alt", sagt Helmut Haag vom deutschen Internet-Dienstleister TE Consult mit einer Spur Galgenhumor. Nötig wäre der Ausbau des ungleich leistungsfähigeren Glasfaser-Netzes — und zwar nicht nur bis zu den grauen Kabelverzweiger-Kästen an den Straßen, sondern bis zu den Haushalten.

Darum werden bei der Entwicklung neuer Bau- und Gewerbegebiete und bei vielen Kanalsanierungsmaßnahmen inzwischen Leerrohre verlegt. Denn in weniger als zehn Jahren werden immer mehr Dienstleistungen über das Internet laufen — von der Videokonferenz in der Firma bis zum Einkauf im virtuellen Kaufhaus am heimischen PC. 20 bis 50 Megabit werden bis 2020 erforderlich sein, sagt Markus Faber vom Landkreistag NRW.

So richtig Mut machen kann Reinhard Winter von der Telekom den Zuhörern nicht. Die Telekom betreibt den Breitband-Ausbau nicht aus Gutmenschentum, sondern aus dem wirtschaftlichen Interesse eines börsennotierten Unternehmens. Und da sagt Winter schonungslos: "Die Gebiete, die jetzt nicht ausgebaut sind, lassen sich nicht wirtschaftlich ausbauen." So springen Bund und Land den Kommunen durch Förderprogramme bei, um die Deckungslücke zu schließen — wenn die EU-Regeln es zulassen. Bis zu 90 Prozent Förderung sind drin. Doch der Ausbau stockt weiter. Selbst bescheidene sechs Megabit sind in vielen Bereichen des Kreises nicht verfügbar.

(RP)
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