Nettetal Napoleon wollte einen Kanal bis zum Rhein bauen

Nettetal · Der 85-jährige Horst Tamm berichtete im Hinsbecker "Monatstreff" über die Planungen und den Bau des nie vollendeten "Grand Canal du Nord". Reste sind noch heute vorhanden.

Nettetal: Napoleon wollte einen Kanal bis zum Rhein bauen
Foto: akg

Napoleon hatte im Rheinland große Pläne. Er wollte vor etwas mehr als 200 Jahren die Mass und den Rhein mit einem Kanal verbinden. Der Bau des "Grand Canal du Nord" wurde zwar begonnen, aber nie vollendet. Einige Abschnitte sind noch heute - mehr schlecht als recht - erhalten. Horst Tamm (85) aus Viersen berichtete jetzt beim Monatstreff über die Hintergründe des Kanalbaus.

Wie Tamm erläuterte, durchziehen noch heute zwei große Bauruinen die niederrheinische Landschaft. Geplant und teilweise umgesetzt wurden sie von Besatzern, die Wirtschaftsblockaden gegen England durchsetzen wollten. So planten und bauten Spanier um 1625 an der "Fossa Eugeniana". Um 1810 herum wollte Napoleon den "Grand Canal du Nord" bauen lassen, der landläufig auch als "Napoleonkanal" bezeichnet wird. Beide wurden nie fertiggestellt.

Auch die Landesherren stimmten für den Bau des Verbindungskanals, da sie sich davon wirtschaftlichen Aufschwung versprachen. Denn der Transport auf dem Wasserweg war viel billiger als auf den Straßen. Man konnte damals mit einem vierräderigen Wagen maximal 1,2 Tonnen, mit einem Schiff aber zwischen 100 und 200 Tonnen transportieren. Trotz höherer Transportkosten hatten Schiffe dadurch ein günstiges Kostenverhältnis von mindestens 4:1 im Vergleich.

Tamm erzählte weiter, dass der Kanal auch als Verteidigungslinie gegenüber Preußen geplant war. Daher wurden alle Gebäude und Brücken auf der damals französischen Seite erbaut. Mit Karten und Bildern zeigte er geplante Brücken und Kanalhäuser. Der Scheitelpunkt lag im Nettetal bei 37,1 Metern. Sechs Schleusen mit jeweils vier Metern Höhenunterschied, eine davon bei Louisenburg, sollten die Schiffe auf das Niveau der Maas von Venlo sinken lassen.

Da die Schiffe getreidelt werden mussten, wuchs die erforderliche Gesamtbreite der Kanalanlage auf rund 63 Meter. Sie umfasste die Böschungen und Nebenkanälen sowie den Treidelpfad. Die Wasseroberfläche hatte eine vergleichsweise geringe Breite von 21 Metern, an der Sohle waren es 13 Meter.

Die Franzosen gingen taktisch recht geschickt vor. Das Land, das für den Bau benötigt wurde, wurde den Besitzern abgekauft, denn der Niederrhein galt als Teil der französischen Nation. Der Bau bescherte der Bevölkerung Arbeit, denn er wurde von hiesigen Auftragnehmern und Arbeitern umgesetzt. Der Bau begann 1808, wurde aber nach der Besetzung der Niederlande durch die Franzosen im Dezember 1810 eingestellt.

Wie Tamm berichtete, gab es nach der napoleonischen Zeit mehrere Versuche, den Bau wieder aufzunehmen. Das gelang aber nur an wenigen, kurzen Abschnitten. So wurde der Kanal mit geringerer Tiefe für etwa 20 Jahre zwischen Neuss und Neersen als Transportweg genutzt. Doch das neue Verkehrsmittel Eisenbahn machte der Schifffahrt starke Konkurrenz. Der Kanal wurde immer unrentabler. Teilweise wurden seine Uferbefestigungen sogar als Unterbau für Eisenbahnstrecken verwendet. Tamm erzählte, dass heute noch wenige meist trocken liegende Kanalreste vorhanden sind. Das ist in Nettetal ein Abschnitt an der Flootsmühle. Es gibt auch noch Kanalhäuser in Viersen und Herongen sowie begonnene Schleusen wie in Louisenburg.

Im Zuge des Projektes Euroga 2002plus wurde der Nordkanal wieder in Erinnerung gerufen. Die rund 101 Kilometer lange Fietsallee von Nederweert über Venlo nach Neuss folgt der historischen Trasse. Der Radweg wurde später als "Radroute des Jahres 2009" ausgerufen.

(heko)
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