Nettetal Moscheegemeinde ist offener geworden

Nettetal · Mitglieder der CDU waren in der Burgstraße zu Besuch. Gesucht wird nach Rezepten, die den Austausch fördern.

Zuletzt hat die Lobbericher CDU die Moscheegemeinde in der Burgstraße vor etwa zwölf Jahren offiziell besucht. Bereits vor einem Jahr hatten sich Vertreter beider Seiten darauf verständigt, einen neuen Termin zu vereinbaren. Der Terroranschlag von Paris beschleunigte die erneute Annäherung. Jetzt waren Mitglieder der CDU nicht nur aus Lobberich Gäste der Moschee.

Lobberichs CDU-Vorsitzender Harald Post erklärte eingangs, seine Partei wünsche sich einen regeren und durchaus kritischen Austausch. "Wie können wir besser kommunizieren? Wie können Sie besser auf uns zukommen und wir auf Sie?" fragte Post. Bürgermeister Christian Wagner betonte, die Stadt stehe generell im "ständigen Austausch" mit der Moscheegemeinde. "Wenn Kinder schon seit dem Kindergarten zusammen sind, bauen sich Vorurteile erst gar nicht auf", sagte er.

Kurz stellte der Vorsitzende des Moscheevereins, Tahir Yavuz, die Gemeinde vor. Die von Türken gegründete Moschee sei längst Anlaufstelle für Menschen vieler Nationalitäten. Die Moschee befinde sich in einem "Strukturwandel". Sie sei keine reine Gebetsstätte mehr. "Wir möchten mehr Jugendliche anziehen und vermehrt Predigten in Deutsch halten", sagte Yavuz - auch weil türkischstämmige Jugendliche die Muttersprache nicht mehr richtig beherrschen. In fünf Jahren möchte die Gemeinde nur noch in Deutschland ausgebildete muslimische Theologen einsetzen. "Es ist sehr gut, wenn man weiß, dass Sie die neuen Zuwanderer in ihrer Gemeinde willkommen heißen", erklärte Post. Seine Partei habe beschäftigt, wie muslimische Zuwanderer aufgenommen würden. Yavuz' Hinweis beruhige ihn.

"Warum ist der Islam eigentlich so ein Aufregerthema?", fragte Stadtverbandsvorsitzender Jürgen Boyxen. Er verurteilte die Anschläge von Paris, betonte aber, dass die Verspottung Mohameds oder des Papstes durch die Satirezeitschrift Charlie Hebdo nicht sein Fall sei. Das allerdings rechtfertige jedoch niemals einen Mordanschlag.

Yavuz wies auf gemeinsame Wurzeln von Islam, Christen- und Judentum hin. "Wir stammen alle von Abraham ab", sagt er. Der Prophet Mohamed habe stets auch Nichtmuslime beschützt. "Ungläubige ist eine schlechte Übersetzung", sagte er. In seinen Augen sei es wichtig, überhaupt an etwas zu glauben.

Helma Josten äußerte den dringenden Wunsch, dass muslimische Frauen sich in Nettetal einbringen. Diesen Hinweis nahm die Vorsitzende des Integrationsrates, Hayfa Kassas, auf. "Die Herzlichkeit verfließt, wenn man sich länger nicht sieht", sagte sie. Diese Erfahrung schrecke einige Frauen vielleicht ab, weil sie anderes gewohnt seinen. "Wir müssen alle an uns arbeiten", forderte sie. Diesen Wesenszug einiger Deutscher bestätigte eine Besucherin. Daraus entwickelte sich die Diskussion, wie es konkret gelingen kann, dass Muslime sich stärker einbringen. "Der Rheinländer macht es einem einfach mit seinem Vereinsleben. Beteiligen sie sich", sagte Post. Hayfa Kassas bestätigte dieses schlichte Rezept. Sie leitet selbst eine Jugendturngruppe im TV Lobberich. Sie wolle nochmals dafür werben und notfalls muslimische Frauen an die Hand nehmen.

Cüneyt Devici, ehemaliger Vorsitzende des Ausländerbeirates, blickte auf die Jahre seit dem letzten Besuch zurück. Er habe das Gefühl, die Moscheegemeinde sei in Nettetal offener und präsenter geworden. Heute wisse Bürgermeister Wagner ganz selbstverständlich, dass Devici Taten wie die von Paris ebenso verabscheue. Das müsse erst gar nicht abgefragt werden. "Wir müssen den Menschen eine Orientierung geben, um das Abdriften zu verhindern", erklärte Devici. Abschließend berichtete ein junger Mann von positiven Reaktionen in seinem Umfeld auf Besuche in der Moschee. Für ihn sei das Zusammenleben etwas vollkommen Normales.

In einem halben Jahr soll der Rückbesuch stattfinden. Dann lädt die CDU die Moscheegemeinde ein. Yavuz versprach mit ähnlich vielen Gemeindemitgliedern zu kommen.

(pepp)
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