Fall Mirco Mircos Eltern vergeben Olaf H.

Berlin/Grefrath · Vor zwei Jahren wurde Mirco Schlitter aus Grefrath von dem 45-jährigen Familienvater Olaf H. missbraucht und ermordet. In einem Buch verarbeiten Mircos Eltern die Tat und erinnern sich an ihren damals zehnjährigen Sohn.

Eltern von Mirco schildern Erfahrungen in einem Buch
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Eltern von Mirco schildern Erfahrungen in einem Buch

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Foto: Wolfgang Kumm

Zwei Jahre und drei Tage nach dem Verschwinden ihres Sohnes Mirco sitzen Sandra und Reinhard Schlitter auf einer kleinen Bühne im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Foto- und Filmkameras sind auf sie gerichtet. Die Eltern von Mirco, der am 3. September 2010 nach dem Besuch einer Skateranlage in Grefrath verschleppt, missbraucht und ermordet wurde, wirken gefasst und ausgeglichen. Sie wollen ihr Buch vorstellen. "Mirco — Verlieren. Verzweifeln. Verzeihen." heißt es.

Darin berichten Sandra und Reinhard Schlitter von ihrem Leben mit Mirco. Sie erzählen meist in wechselnder Ich-Perspektive von ihrem lebenslustigen, freiheitsliebenden, freundlichen und naturverbundenen Sohn, der in wenigen Tagen 13 Jahre alt geworden wäre. Das Buch bietet Einblicke in das Familienleben der Schlitters. "Wir wollten Mirco damit kein Denkmal setzen. Aber wir wollten uns erinnern, was wir in den zehn Jahren mit unserem Sohn erlebt haben", sagt die 36-jährige Sandra Schlitter zu einem der Beweggründe, warum sie das Buch geschrieben haben.

Ein anderer Grund sei, ihre Erfahrungen schildern zu wollen, wie sie mit dem "unfassbaren" Verbrechen umgegangen sind, das der Familienvater und Manager Olaf H. aus Schwalmtal an ihrem Sohn verübt hat. 145 Tage galt Mirco als vermisst. Monate, die Sandra und Reinhard Schlitter wegen ihres tief verwurzelten christlichen Glaubens als Einheit überstehen konnten, sagen sie. Die Familie, die Mitglied in einer Freikirche ist, betete damals oft gemeinsam für Mirco.

"Ohne unseren Glauben und die Familie wüsste ich nicht, ob ich heute hier sitzen würde", sagt Reinhard Schlitter. Immer vermittelten die Eltern die Botschaft: Wir wollen nicht hassen. Wir haben mit dem schrecklichen Ereignis abgeschlossen — und wir haben dem Täter vergeben. Das nimmt den beiden wohl jeder ab, der sie mal gesehen hat. Auch wenn es zunächst fast unglaublich scheint. Und so antwortet Reinhard Schlitter auch auf die Frage, wie das möglich sei: "Es war ein langer Prozess. Und es war eine bewusste Entscheidung", die er mit seiner Frau auch getroffen habe, um nicht auf einer Stufe mit dem Täter zu stehen. Denn der habe ja sicherlich viel Hass und Wut in sich getragen. Kontakt haben Sandra und Reinhard Schlitter nicht zu ihm. Er habe bisher auch kein Interesse signalisiert.

Mit dem rund 200 Seiten umfassenden Buch, das die Beiden zusammen mit dem Journalisten und Autor Christoph Fasel geschrieben haben, soll Menschen in schwierigen Situationen geholfen werden.

(RP/ila/jco)
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