Nettetal Lob für Straßen – Tadel für Schienen
Nettetal · Der Wirtschaftsstandort Kreis Viersen bekommt ordentliche Noten von den hiesigen Unternehmern. Das zeigt eine Unternehmensbefragung, deren Ergebnisse die IHK jetzt vorstellte. Dabei blieb jedoch manches vage.
Blaue Briefe seitens der Unternehmerschaft hat der Kreis nicht zu fürchten. In Schulnoten käme der Wirtschaftsstandort wohl auf eine Drei Plus. Knapp 400 Betriebe aus verschiedenen Branchen hat die IHK nach ihrer Einschätzung zu 60 Standortfaktoren befragt — von weichen Kriterien wie Stadtbild, Parkplatzangebot, Freizeitangebot und Einkaufsmöglichkeiten bis hin zu harten Faktoren wie Verkehrsanbindung, Arbeitskräfteangebot, Gewerbeflächen, Steuern und Energiekosten.
Als Gesamtnote aus allen Faktoren steht eine 2,17 zu Buche. Die Notenskala reichte von Eins (gut) bis Vier (schlecht). Abgefragt wurde sowohl die Einschätzung zur Qualität als auch zur Bedeutung einzelner Faktoren. Als sehr wichtig und sehr gut schätzen die Unternehmer die Anbindung an das Straßen- und Autobahnnetz an (Note 1,23).
Positiv sind die Rückmeldungen auch zur Informations- und Kommunikationsinfrastruktur, zur Kundennähe und zum Image des Standortes. Kritisch sehen die Unternehmer hingegen die hohen Energiekosten und die nicht mehr zufriedenstellende Schieneninfrastruktur. Als weiteres Problem nannten die Befragten hohe Grund- und Gewerbesteuern sowie hohe öffentliche Gebühren. Das mag eine subjektive Sichtweise sein, räumte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Dieter Porschen ein, mahnte aber auch: Im Vergleich zum übrigen IHK-Bezirk punkte der Kreis noch mit eher günstigen Gebühren, Grund- und Gewerbesteuersätzen. Seine Botschaft an die Städte und Gemeinden im Kreis nach diversen Steuererhöhungen 2011 und 2012: "Passt auf, dass ihr es nicht übertreibt."
Als unterdurchschnittlich wird auch die Qualifikation und Verfügbarkeit von Arbeitskräften gesehen. Der Fachkräftemangel trifft den Kreis. Jutta Schröer-Ulbricht, Chefin des Landmaschinenunternehmens Heinrich Moerschen GmbH & Co. KG in St. Tönis, kann das bestätigen. "Der Fachkräftemangel ist für uns ganz virulent", sagt die Unternehmerin, die aus der Not eine Tugend macht. Die Ausbildungsquote in ihrem Betrieb liegt bei 20 Prozent: "Wir müssen selbst für unseren Nachwuchs sorgen."
Welche konkreten Maßnahmen aus der IHK-Analyse abzuleiten sind, darüber blieb die Veranstaltung vage. Das mag daran liegen, dass die Stärke der Analyse zugleich ihre Schwäche ist: Sie liefert zwar ein umfassendes Stimmungsbild für den Kreis, aber sie zeigt nicht, wo in Viersen, Nettetal, Brüggen, Grefrath, Schwalmtal, Niederkrüchten, Willich, Tönisvorst oder Kempen der Schuh drückt, wo welche Kommune Potenziale und Schwächen hat. So wird zum Beispiel die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen als leicht überdurchschnittlich, aber auch als weniger wichtig eingestuft. Der konkrete Einzelfall sieht bisweilen anders aus: Jutta Schröer-Ulbricht zum Beispiel möchte expandieren, kann es aber mangels Fläche nicht.