Nettetal Kriegstote nicht vergessen

Nettetal · Hermann-Josef Müller hat die ganz private Sammlung seiner Mutter in den vergangenen Jahren gezielt erweitert und mit Hilfe des Vereins "Lobberland" als Dokumentation zusammengefasst. Ergänzungen sind erwünscht.

Gesehen hat Hermann-Josef Müller (75) die Zettel immer mal wieder bei seiner Mutter. Als sie starb und der Zahntechniker den Nachlass sichtete, stieß er wieder auf die Sammlung der Witwe. Sie hat ihn bis heute nicht mehr losgelassen. Mit dem Titel "Über dem jungen Glück lag der Krieg wie ein dunkles Verhängnis" hat Müller Totenzettel und Todesnachrichten für Lobberich aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs von 1939 bis 1945 jetzt gelistet in Buchform herausgebracht. Unterstützt hat ihn dabei Ralf Schmeink mit der "Medienreihe des Vereins Lobberland".

"Ich möchte, dass die Leser die sehr unterschiedlichen, von tiefster religiöser Prägung bis hin zur fragwürdig nationalsozialistischen Opferbereitschaft formulierten Totenzettel lesen und auf sich wirken lassen", sagt Müller. Wach halten will er mit Schmeink so das "Gedenken an die Opfer der Nationalsozialisten und des von ihnen begonnenen Krieges".

Die beiden haben dem Buch eine alphabetische Ordnung gegeben und es sparsam mit Zitaten aus den Totenzetteln betextet. Sie lieferten auch den Titel der bescheidenen Schrift. Müller knüpft an die frühere Ausstellung von Max Zanders "Von der Wiege bis zur Bahre" an.

"Die Lektüre wird Zeit kosten, aber viele in ihren Bann ziehen", meint Müller. Er will verhindern, dass die Verschleppung von Juden in den Tod, die Toten des verheerenden V 1-Einschlages am 19. Februar 1945 auf der Hochstraße (am Ingenhovenpark) und die vielen Soldaten jeden Alters, die bei Kämpfen von Afrika bis Russland ihr Leben ließen, in Vergessenheit geraten. Erwähnt ist auch Hermann Müller, der Vater des Sammlers. Er starb vermutlich Ende 1942 in Stalingrad. Bei seinen Nachforschungen stieß Hermann-Josef Müller auf viele tragische Geschichten. So verschwand der 1907 geborene Johann Peter Pollen "wegen einer Depression im Sanatorium in Süchteln" durch Deportation.

Auf 120 Seiten sind nahezu 420 Namen von Lobberichern oder Menschen, die zugezogen waren, dokumentiert, die im Krieg ihr Leben verloren haben. Ralf Schmeink und Hermann-Josef Müller sind sicher, dass jetzt eine Flut von Korrekturen und Ergänzungen über sie hereinbrechen wird. Müller hatte anfangs über Zeitungsaufrufe um Hilfe gebeten, aber kaum Resonanz gefunden. Danach suchte er Familien persönlich auf, er sammelte aus Vereinsnachrichten und Festschriften Hinweise und fuhr nach Kempen oder Krefeld, wo er betroffene Angehörige aufspürte. Vielfach erhielt er bei seinen Besuchen weitere Hinweise. "Aber komplett ist die Liste nicht. Wir hoffen, dass sie ergänzt werden kann", so Schmeink.

Bezug "Über dem jungen Glück . . ." Medienreihe des Lobberland e.V., Lobberich, An St. Sebastian 30 (Schmeink), Tel. 02153/95 97 929, oder Hermann-Josef Müller, Tel. 02153/ 21 89. Preis: 11 Euro.

(RP)
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